Nordwest-Zeitung

Wie Corona das regionale Handwerk trifft

Stimmung vieler Betriebe trübt sich ein – Große Unterschie­de zwischen Branchen

- Von Jörg Schürmeyer

Helau! Oder sagt man Alaaf? Theobald weiß es nicht so genau, denn mit diesem Karneval (oder heißt es Fasching?) hat er wie die meisten Oldenburge­r recht wenig am Hut. Diesmal ist ja sogar der Karnevalsu­mzug durch die Innenstadt ausgefalle­n. Spötter würden sagen, dass man kaum einen Unterschie­d zu den Vorjahren feststelle­n konnte, schließlic­h wälzt sich am 11.11. auch sonst nicht gerade eine menschlich­en Kostümlawi­ne durch die Fußgängerz­one.

Aber damit tut man den tapferen Karnevalis­ten von Blau-Rot Oldenburg natürlich unrecht. Das Durchhalte­vermögen, das nötig ist, um jedes Jahr in einer nahezu narrenfrei­en Stadt der Narretei zu frönen, ist durchaus beeindruck­end. Auch am gestrigen Tag, dem Beginn der Karnevalss­ession, wären die Jecken gerne wieder losgezogen. Doch das Fräulein Corona versteht weder karnevalis­tischen noch anderen Spaß. Darum wünschen die Blau-Roten auf diesem Wege den Oldenburge­rn vor allem gute Gesundheit und immer ein Lächeln unter der Maske. Man sieht sich (hoffentlic­h) an Rosenmonta­g!

theobald@NWZmedien.de

Oldenburg – Die Auswirkung­en der Corona-Krise sind auch im Handwerk des Oldenburge­r Landes mittlerwei­le klar erkennbar. „Das Wiederauff­lammen der Covid-19-Pandemie bedroht die wirtschaft­liche Erholung, die im Sommer stattgefun­den hat“, sagte Eckhard Stein, Präsident der Handwerksk­ammer (HWK) Oldenburg, am Mittwoch bei der Vorstellun­g der Herbst-Konjunktur­umfrage der Kammer unter 490 Betrieben.

■ Das sagen die Zahlen: Insgesamt ist der Geschäftsk­limaindex, der die Lagebeurte­ilungen und Geschäftse­rwartungen der Handwerksb­etriebe misst, im Oldenburge­r Land nur leicht von 132 Punkten im Herbst 2019 auf 124 Punkte in diesem Herbst gesunken. Trotz der Corona-Krise sei das der drittbeste Wert des Stimmungsb­arometers in den vergangene­n zehn Jahren, erläuterte Klaus Hurling, Betriebsbe­rater bei der HWK.

56 Prozent der befragten Betriebe bezeichnet­en ihre aktuelle Lage als gut. Vor einem Jahr lag dieser Wert bei 65 Prozent. Spürbar nachgelass­en habe in der Gesamtbetr­achtung die Zufriedenh­eit mit Auftragsbe­stand und Umsatzentw­icklung, während es bei der Beschäftig­ungsentwic­klung bislang kaum Veränderun­gen gegeben habe.

„Das Geschäftsk­lima insgesamt ist weiter gut“, sagte Hurling. Allerdings falle die Beurteilun­g in den einzelnen Handwerksg­ruppen doch sehr unterschie­dlich aus.

■ Das sagen die einzelnen Handwerksg­ruppen: Positiv sticht nahezu unveränder­t das

Berichtete­n über die Lage im regionalen Handwerk: (von links) Handwerksk­ammer-Präsident Eckhard Stein, Friseur Gerriet Schimmerot­h und HWK-Hauptgesch­äftsführer Heiko Henke

Bau- und Ausbauhand­werk heraus. Hier hat sich die Stimmung nur leicht gegenüber den sehr guten Vorjahren eingetrübt.

Anders stellt sich die Situation in vielen eher konsumorie­ntierten Branchen, wie dem Kfz-, Nahrungsmi­ttelund Dienstleis­tungshandw­erk dar. Während etwa viele KfzWerkstä­tten von einer geringeren Auslastung der Werkstätte­n berichten, machen etwa Bäckern und Fleischern erhebliche Einnahmeve­rluste bei Catering und Belieferun­g zu schaffen.

Am größten sind die Sorgen indes bei vielen personenbe­zogenen Dienstleis­tungen, also etwa Friseuren, Kosmetiker­n, Goldschmie­den, Uhrmachern und Fotografen. Hier

sank der Geschäftsk­limaindex um 22 auf nur noch 112 Punkte. Auch hier machen sich laut HWK die fehlenden Veranstalt­ungen bemerkbar.

■ Das sagt die Handwerksk­ammer: „Wir stemmen uns gegen die Pandemie und wollen nicht, dass Corona uns ins Handwerk pfuscht“, sagt Kammerpräs­ident Stein. „Aber der Schatten, den die Pandemie wirft, liegt doch stark auf uns.“

Nach Einschätzu­ng von HWK-Hauptgesch­äftsführer Heiko Henke hat die temporäre Absenkung der Mehrwertst­euer bislang keine besonders positive Wirkung erzielt. Für viele Betriebe sei es ein enormer Aufwand gewesen, Kassen und Abrechnung­ssysteme umzustelle­n.

„Große Sorgen bereitet die Ausbildung­ssituation in der Corona-Zeit“, warnte Henke. Aktuell liege die Zahl der eingetrage­nen Ausbildung­sverträge um 5,7 Prozent unter Vorjahr. „Das Handwerk braucht dringend Auszubilde­nde“, sagte er. Deshalb sei es wichtig, dass Berufsschu­len und überbetrie­bliche Ausbildung­sstellen geöffnet blieben.

■ Das sagt der Praktiker: Gerriet Schimmerot­h, der mit zwölf Mitarbeite­rn einen Friseursal­on in der Oldenburge­r Innenstadt betreibt und zugleich Obermeiste­r der Friseur-Innung Oldenburg ist, zeichnete eine gemischtes Bild der vergangene­n Monate. Im Sommer und vor allem im Mai sei der Zulauf von Kunden

gut gewesen. Die Schließung im Frühjahr sei aber eine enorme Belastung gewesen. „Den Umsatzverl­ust von sechs Wochen Schließung kann man als Friseur nicht aufholen“, sagte Schimmerot­h.

Deutlich spürbar gewesen sei auch, dass kaum Feierlichk­eiten, zu denen aufwendige Frisuren gewünscht sind, stattgefun­den hätten. Auch die Abstandsre­geln hätten in manchen Betrieben zu einer Verringeru­ng des Kundenaufk­ommens geführt.

Der Teil-Lockdown und die Maskenpfli­cht in der Oldenburge­r Innenstadt seien für seinem Salon nun abermals eine Belastung. „Wir bieten die größtmögli­che Sicherheit“, sagte er. Dennoch seien viele Kunden verunsiche­rt.

 ??  ??
 ?? BILD: Torsten von Reeken ??
BILD: Torsten von Reeken
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany