Im Bildungssystem noch Luft nach oben
Schulleiter Oliver Pundt wünscht sich Weiterentwicklung und mehr Eigenverantwortung
Oldenburg – „Das deutsche Bildungswesen ist in weiten Teilen antiquiert und tradiert.“Der, der so deutliche Worte findet, sollte es wissen: Seit siebeneinhalb Jahren ist Oliver Pundt Leiter der Berufsbildenden Schulen in Wechloy. Zuvor war der 51-Jährige, der in Oldenburg BBS-Lehramt studiert und an den BBS Wildeshausen und Syke gearbeitet hat, Dezernent bei der Landesschulbehörde. „Schule denkt häufig immer noch: Einer steht vorne. Das ist nicht mehr zeitgemäß.“
Ein zentraler Kritikpunkt: Schulen – nicht nur Berufsbildende – dächten oft noch veraltet in Verwaltungsprozessen. „Das gemeinsame Arbeiten am gleichen Ziel“müsse verstärkt in den Fokus genommen werden, etwas, das die Wirtschaft immer stärker einfordere. „Dazu muss man die Menschen befähigen – und das nicht nur technisch.“
„Das System berufliche Bildung ist immer noch sehr gut“, betont der Schulleiter. „Ich bin ein Verfechter des Systems. Ich gehöre dazu.“Er weiß aber auch: „Wir müssen es weiterentwickeln.“Eine Entwicklung der (Berufs-)Schulen
Das deutsche System der dualen Berufsausbildung gilt als vorbildlich. Doch auch hier gibt es Verbesserungspotenzial.
wäre auch eine Entwicklung der Region.
Warum es daran hakt? Da nennt Pundt vor allem einen Grund: „In der Politik sind keine Bildungspolitiker unterwegs.“Zuständige Minister seien oft fachfremd – so ist etwa Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne von Hause aus Jurist.
Die berufliche Bildung müsse sich in der Tendenz Richtung duales Studium entwickeln, meint Pundt. „Wir brauchen ein additives Bildungssystem.“
Neben der Vermittlung der Kernkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen müsse mehr Wert gelegt werden auf Fachkompetenzen, müsse problemlösungsorientiert gearbeitet werden. Die BBS Wechloy etwa arbeitet mit der Jade Hochschule im Projekt Frühstarter zusammen, in dem überdurchschnittlich gute Schüler den Zugang zur Hochschule finden und schon Credits für ein späteres Studium erwerben können. Und mit dem
FOM Hochschulzentrum Bremen bietet die BBS seit fünf Jahren ein ausbildungsintegriertes Studium („Bachelor of Laws“) an. „Solche Hybridmodelle werden immer bedeutender“, glaubt der Schulleiter.
Eine Idee von Pundt: Den Schulen mehr Eigenverantwortung übertragen. „Warum können wir in der Region nicht entscheiden, was für die Schülerinnen und Schüler gut ist, was in der Region gut ist?“Zwar gebe es die Budgetierung, als eigene Rechtsform
Oliver Pundt möchte eine Weiterentwicklung des Bildungssystems.
könnte die Schule aber auch eigene Angebote entwickeln – und vermarkten. So könnte sie von einer Schule zu einem echten „regionalen Kompetenzzentrum“werden.
Aber auch personell müsse nachgebessert werden, im ganzen Land fehlten 1000 Lehrer: Bei einer 90-prozentigen Unterrichtsversorgung – im gewerblich-technischen Bereich oft sogar nur 80 Prozent – seien auch die besten Ideen nur schwer umsetzbar. „5 Prozent mehr würde allen gut tun.“Und ein Mehr müsse es auch bei Schulpsychologen, in der Beratung, Begleitung und Unterstützung geben. „Der Bedarf wird immer größer.“