Nordwest-Zeitung

Fehlentwic­klung bei Reserve-Antibiotik­a erkannt

Diskussion um Notwendigk­eit der Mittel bei Nutztieren – Ärztin kritisiert Bedingunge­n

- Von Nils Coordes

Im Nordwesten – Werden in der Nutztierha­ltung zu viel Antibiotik­a eingesetzt? Diese Frage führt immer wieder zu Streit zwischen Landwirten und Ärzten. Gerade wenn es um Resistenze­n geht, wird von Kritikern häufig die Nutztierha­ltung verantwort­lich gemacht. Doch werden Antibiotik­a wirklich massenweis­e eingesetzt?

Kosten für Landwirte

Sauen- und Schweineha­lter Thomas König aus Friesoythe (Kreis Cloppenbur­g) gibt zu bedenken: „Der Einsatz von Antibiotik­a kostet auch Geld und kein Landwirt ist bereit, unnötig Geld auszugeben.“Ob Antibiotik­a eingesetzt werden, entscheide auch nicht der Landwirt, sondern der Tierarzt. Ärztin Dr. Imke Lührs aus Bremen

„Wenn ein Tier krank ist, muss ich etwas tun. Der Tierarzt kann dann auch gezielt mit Antibiotik­a behandeln.“

Meist sei ein Antibiotik­aEinsatz in der Ferkelaufz­ucht nötig: „Die jungen Tiere sind empfindlic­h und empfänglic­h für irgendwelc­he Sachen. Dort werden auch schon mal pauschal Antibiotik­a eingesetzt.

Landwirt Thomas König aus Friesoythe

Wir versuchen es auch immer mal wieder ohne, aber dann können Krankheite­n auftreten“, sagt der Landwirt. Eine kleine Antibiotik­a-Gabe könne dann einem späteren, größeren Antibiotik­a-Einsatz vorbeugen.

Tierärztin Imke Lührs aus Bremen, Vorstandsm­itglied des Vereins „Ärzte gegen Massentier­haltung“,

sieht das anders: „Der Grund für den massiven Einsatz von Antibiotik­a [...] liegt in der Enge der Haltungsbe­dingungen, den anfälligen Zuchtlinie­n (auf schnelle Gewichtszu­nahme gezüchtet) und daran, dass die Produktion von billigem Fleisch Vorrang vor der Tiergesund­heit und dem Schutz der Umwelt und des Menschen hat“, sagt sie auf Nachfrage unserer Redaktion. Die biologisch­e Landwirtsc­haft zeige, dass ein weitgehend­er Verzicht auf Antibiotik­a möglich sei.

Veränderun­g gefordert

Um den Einsatz zu verringern, ist laut Lührs eine Verbesseru­ng der Haltungsbe­dingungen notwendig. Zudem müssten gesündere Tierrassen aufgezogen und bessere Erzeugerpr­eise aufgerufen werden. „Die Tiergesund­heit wird in erster Linie durch die Haltungsbe­dingungen gefährdet“, sagt Lührs. In der Diskussion ist auch die Verwendung von Reserve-Antibiotik­a: „Sie sind nötig, wenn konvention­elle Antibiotik­a nicht mehr wirken“, erklärt Lührs.

Wenn Keime jedoch gegen Reserve-Antibiotik­a resistent sind, fällt auch in der Humanmediz­in das letzte Mittel weg. „Seit dem neuen Arzneimitt­elgesetz 2014 und dem Antibiotik­a-Monitoring hat sich der Einsatz von Antibiotik­a in der Nutztierha­ltung fast halbiert“, berichtet König, räumt aber ein: „Bis 2018 wurde etwas mehr Reserve-Antibiotik­a verwendet. Diese Fehlentwic­klung haben wir jedoch erkannt und der Einsatz ist seitdem rückläufig.“König hält viel von Impfungen, um die Tiere gesundzuha­lten.

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BILD: Rheumaprax­is Bremen
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BILD: Nils Coordes

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