Fehlentwicklung bei Reserve-Antibiotika erkannt
Diskussion um Notwendigkeit der Mittel bei Nutztieren – Ärztin kritisiert Bedingungen
Im Nordwesten – Werden in der Nutztierhaltung zu viel Antibiotika eingesetzt? Diese Frage führt immer wieder zu Streit zwischen Landwirten und Ärzten. Gerade wenn es um Resistenzen geht, wird von Kritikern häufig die Nutztierhaltung verantwortlich gemacht. Doch werden Antibiotika wirklich massenweise eingesetzt?
Kosten für Landwirte
Sauen- und Schweinehalter Thomas König aus Friesoythe (Kreis Cloppenburg) gibt zu bedenken: „Der Einsatz von Antibiotika kostet auch Geld und kein Landwirt ist bereit, unnötig Geld auszugeben.“Ob Antibiotika eingesetzt werden, entscheide auch nicht der Landwirt, sondern der Tierarzt. Ärztin Dr. Imke Lührs aus Bremen
„Wenn ein Tier krank ist, muss ich etwas tun. Der Tierarzt kann dann auch gezielt mit Antibiotika behandeln.“
Meist sei ein AntibiotikaEinsatz in der Ferkelaufzucht nötig: „Die jungen Tiere sind empfindlich und empfänglich für irgendwelche Sachen. Dort werden auch schon mal pauschal Antibiotika eingesetzt.
Landwirt Thomas König aus Friesoythe
Wir versuchen es auch immer mal wieder ohne, aber dann können Krankheiten auftreten“, sagt der Landwirt. Eine kleine Antibiotika-Gabe könne dann einem späteren, größeren Antibiotika-Einsatz vorbeugen.
Tierärztin Imke Lührs aus Bremen, Vorstandsmitglied des Vereins „Ärzte gegen Massentierhaltung“,
sieht das anders: „Der Grund für den massiven Einsatz von Antibiotika [...] liegt in der Enge der Haltungsbedingungen, den anfälligen Zuchtlinien (auf schnelle Gewichtszunahme gezüchtet) und daran, dass die Produktion von billigem Fleisch Vorrang vor der Tiergesundheit und dem Schutz der Umwelt und des Menschen hat“, sagt sie auf Nachfrage unserer Redaktion. Die biologische Landwirtschaft zeige, dass ein weitgehender Verzicht auf Antibiotika möglich sei.
Veränderung gefordert
Um den Einsatz zu verringern, ist laut Lührs eine Verbesserung der Haltungsbedingungen notwendig. Zudem müssten gesündere Tierrassen aufgezogen und bessere Erzeugerpreise aufgerufen werden. „Die Tiergesundheit wird in erster Linie durch die Haltungsbedingungen gefährdet“, sagt Lührs. In der Diskussion ist auch die Verwendung von Reserve-Antibiotika: „Sie sind nötig, wenn konventionelle Antibiotika nicht mehr wirken“, erklärt Lührs.
Wenn Keime jedoch gegen Reserve-Antibiotika resistent sind, fällt auch in der Humanmedizin das letzte Mittel weg. „Seit dem neuen Arzneimittelgesetz 2014 und dem Antibiotika-Monitoring hat sich der Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung fast halbiert“, berichtet König, räumt aber ein: „Bis 2018 wurde etwas mehr Reserve-Antibiotika verwendet. Diese Fehlentwicklung haben wir jedoch erkannt und der Einsatz ist seitdem rückläufig.“König hält viel von Impfungen, um die Tiere gesundzuhalten.