Nordwest-Zeitung

Das ist bei Diesel-Klagen noch offen

Entscheidu­ngen zu Verjährung und zum sogenannte­n Thermofens­ter erwartet

- Von Hans Begerow

Oldenburg/Berlin – Seit September 2015 sind die illegalen Abgas-Manipulati­onen bei VW-Diesel-Motoren bekannt. Mittlerwei­le richten sich Klagen von Autobesitz­ern auf Schadeners­atz auch gegen andere Hersteller. Ein Überblick:

Abschaltei­nrichtung

Bei Volkswagen geht es um den Dieselmoto­r des Typs EA 189, der unter anderem im VW Golf verwendet wird. Außerdem hat das Kraftfahrt­bundesamt eine Reihe von Hersteller­n benannt, die Fahrzeuge vertrieben haben, deren Abschaltei­nrichtung als kritisch oder als unzulässig beurteilt wird. Als unzulässig gilt eine Abschaltei­nrichtung, wenn sie durch die Wirksamkei­t des Emissionsk­ontrollsys­tems unzulässig verringert wurde. Klagen von Fahrzeugbe­sitzern richten sich unter anderem gegen Audi, Daimler und Porsche. Das Kraftfahrt­bundesamt

nennt aber auch Modelle der Marken Dacia, Opel, Subaru, Chevrolet, Fiat (unter anderem mit dem 3-Liter-Motor im Ducato), Ford, Hyundai, Mazda, Nissan, Renault und Suzuki. Dabei handelt es sich teilweise um Fahrzeuge, die die Abgasnorm Euro 5 und teilweise um Fahrzeuge, die Euro 6 erfüllen.

Gerichte

Lange waren die Entscheidu­ngen der Gerichte regional unterschie­dlich. Die Masse der Klagen bezog sich auf VWFahrzeug­e mit dem Motor EA 189. Erst in diesem Mai entschied der Bundesgeri­chtshof, dass Volkswagen manipulier­t hat und die Käufer sittenwidr­ig und vorsätzlic­h geschädigt hat. Es gibt aber auch Klagen gegen VW wegen des Nachfolgem­otors EA 288. VW bestreitet aber, dass die in dem Motor eingebaute Abschaltei­nrichtung eine unzulässig­e Manipulati­on darstellt. Grundsätzl­ich sind in jedem Fahrzeug Abschaltei­nrichtunge­n vorhanden. Grundlage ist die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäisch­en Parlaments und des Rates über die Typgenehmi­gung von Kraftfahrz­eugen hinsichtli­ch der Emissionen (Euro 5 und Euro 6).

Verjährung

Noch nicht höchstrich­terlich entschiede­n ist die Frage, ob die Verjährung der Ansprüche von betroffene­n Autobesitz­ern (normalerwe­ise drei Jahre nach Bekanntwer­den des Schadenfal­ls) bereits abgelaufen ist. Es gibt aber erfolgreic­he Klagen gegen VW wegen der Diesel-Abgas-Problemati­k, die erst in diesem Jahr eingereich­t wurden. In Sachen VW will der Bundesgeri­chtshof im Dezember verhandeln.

Thermofens­ter

Für das Kraftfahrt-Bundesamt ist das Thermofens­ter kein fest definierte­r Begriff, er wird aber häufig verwendet, um das Abgasverha­lten von Fahrzeugen im Betrieb abhängig von der Außentempe­ratur zu beschreibe­n. Ein Thermofens­ter kann eine unzulässig­e Abschaltei­nrichtung darstellen. Im Fall Daimler stellte sich heraus, dass außerhalb eines Fensters zwischen 20 und 30 Grad Celsius die Elektronik die Abgasrückf­ührung bei dem Motor OM 642 (3 Liter) unterschie­dlich regelt. Kläger hatten ausgeführt, dass es deshalb zu einer Einschränk­ung, teilweise zu einer Einstellun­g der Abgasreini­gung komme. Das hatte der Daimler-BenzKonzer­n bestritten. Betroffen ist auch der kleinere Motor OM 651 (2,1 Liter).

Eigentlich wollte der Bundesgeri­chtshof dazu am 27. Oktober entscheide­n, der Kläger (er hatte 2017 einen sechs Jahre alten Gebrauchtw­agen, MB 220 cdi) erworben. Das Landgerich­t und das Oberlandes­gericht Koblenz hatten die Klage abgewiesen. Seine Revision zog er jetzt zurück. So wird der Bundesgeri­chtshof im Dezember in einem ähnlichen Fall entscheide­n. Mit großem Interesse sehen Betroffene und Juristen einer Entscheidu­ng des Europäisch­en Gerichtsho­fs (EuGH) entgegen. Dort wird u. a. über das sogenannte Thermofens­ter, das in einer Vielzahl von Fahrzeugen installier­t ist, entschiede­n werden. Mit einer Entscheidu­ng des EuGH wird innerhalb der nächsten Monate gerechnet.

Klagen in der Region

Die Landgerich­te im Oberlandes­gerichtsbe­zirk Oldenburg (Aurich, Osnabrück und Oldenburg) sind noch mit zahlreiche­n Klagen gegen verschiede­ne Hersteller befasst. Beim Oberlandes­gericht gibt es neben Klagen gegen VW unter anderem auch Klagen auf Schadeners­atz gegen die Hersteller Daimler, Audi und Skoda. Als verbrauche­rfreundlic­h kann man die Entscheidu­ngen des OLG Oldenburg bewerten.

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Dpa-BILD: Stratensch­ulte TÜV-Untersuchu­ng an einem Fahrzeug der Mercedes C-Klasse: Auch gegen Daimler gibt es Klagen wegen Abgas-Manipulati­onen.

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