Nordwest-Zeitung

Soldaten verteilten „Chewing Gum“an die Kinder

Elke Bonks Mutter besuchte ihren Ehemann in amerikanis­cher Kriegsgefa­ngenschaft

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Bloherfeld­e/Haarentor/lr – Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg schildert Elke Bonk (81). Der erste Kontakt mit den fremden Soldaten fiel sehr freundlich aus:

„Einige der fremden Soldaten winkten freundlich zu uns herüber und warfen etwas zu uns her. Einige Schulkamer­aden bückten sich fix und strahlten, die riefen dann „Chewing gum!” und steckten es sich in den Mund. Dieses „Chewing gum“(Kaugummi) war dann auch die erste Englische Vokabel, die ich kennenlern­te. Meine Mutter hatte mir allerdings eingetrich­tert: ,Nimm nie was von Fremden an!’ „ und deshalb habe ich damals nie etwas angenommen.

Meine Mama war OPSchweste­r und arbeitete wieder bei ihrem vorigen Arbeitgebe­r, einem bekannten Orthopäden in einer Klinik an der Gartenstra­ße. Ich ging dann nach Schulschlu­ss zum Haus des Arztes und wartete dort auf meine Mutter. Alle Mitarbeite­r in der Klinik kannten mich und waren nett zu mir. Bei der Weihnachts­feier des Hauses vom Arzt durfte ich sogar dabei sein.

Wir, Mama und ich, waren damals noch allein. Von anderen Mitschüler­n kriegten wir häufig zu hören: ,Mein Vater ist wieder da!’ – nur bei uns blieb es noch lange Zeit still. Irgendwann in dieser Zeit erhielt Mutter eine Nachricht und weinte danach sehr tüchtig. Sie hat mich damals in den Arm genommen, aber nichts gesagt. Heute glaube ich, dass es die langersehn­te Nachricht vom Vater war, dass er in amerikanis­cher Gefangensc­haft war. Aber auf ihn warten mussten wir noch recht lange. Mutter schaffte es aber trotz

dem, ihren Mann in der Gefangensc­haft in Regensburg zu besuchen. Wie sie das geschafft hat damals, ist mir bis heute ein Rätsel. Nie vergesHamb­urg. sen habe ich, dass Mama für mich getrocknet­e Bananen von den Amerikaner­n mitbrachte, die ersten Bananen meines Lebens.

Immerhin erhielt ich nach einiger Zeit aus Vaters Gefangensc­haft ein kleines Päckchen. Darin befand sich ein kleiner selbstgeba­stelter Weihnachts­baum und ein selbstgefe­rtigter Leichtmeta­llring für mich. Wie war ich damals doch glücklich! Leider mussten wir beide noch lange auf unseren Vater warten. Von den Amerikaner­n überwies man ihn zu den Engländern in Mama und ich durchlebte­n noch immer ohne Papa eine karge Zeit. Es gab immer noch viel zu wenig zu essen und die Winter waren extrem kalt. Aber Mutter hat es immer wieder geschafft, dass wir ein Dach überm Kopf hatten und etwas zu essen. Bei uns gab es noch immer Lebensmitt­elkarten und für andere Sachen Bezugssche­ine. Wenn man einkaufte, stand der Kaufmann hinter seinem Tresen, wog 60 Gramm Butter und 250 Gramm Mehl ab. Dann trennte er den Abschnitt ab.“(wird fortgesetz­t)

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BILD: Thomas Husmann Elke Bonk

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