Nordwest-Zeitung

Moraldebat­te trübt Lichtblick

DFB-Elf siegt gegen von fünf Corona-Fällen geschwächt­e Ukrainer

- Von Klaus Bergmann

Leipzig – Mit der nächsten dunklen Wolke hatte Joachim Löw nach dem Sprung auf Platz eins in der Nations League nicht gerechnet. Den Gruppensie­g vor Augen rief der Bundestrai­ner nach dem 3:1 (2:1) gegen die Ukraine einen Erfolg gegen den alten Fußball-Rivalen Spanien als letztes Ziel im komplizier­ten Corona-Jahr 2020 aus. Trotz der sportliche­n Lichtblick­e geriet Löw vor dem Showdown an diesem Dienstag in Sevilla in der Moraldebat­te um Corona-Privilegie­n der Fußball-Nationalma­nnschaft unter massiven Rechtferti­gungsdruck.

Fünf Fälle bei Gegner

„Ich bin eigentlich der falsche Ansprechpa­rtner. Ich habe nicht diese Entscheidu­ngsgewalt, das macht das Gesundheit­samt, die Uefa. In der Bundesliga wird gespielt, in den anderen Ligen auch. Wir halten uns an Vorgaben. Wenn Spiele angesetzt sind, können wir nicht im Hotel bleiben“, sagte der Bundestrai­ner. Die Frage nach der ethischen Verantwort­ung für die Austragung des Länderspie­ls trotz fünf Corona-Fällen beim Gegner Ukraine in der PandemieHo­chzeit wies er zurück.

Die gesellscha­ftliche Debatte kann Löw angesichts steigender Infektions­zahlen, dem Lockdown in der Gastronomi­e und strengerer Quarantäne­Anordnunge­n in anderen Sportarten durchaus nachvollzi­ehen. „Ich kann verstehen, dass die Leute im Moment andere Gedanken und Sorgen haben“, sagte der 60-Jährige. Die Sinnhaftig­keit des ProfiFußba­lls will er aber nicht in Zweifel ziehen. „Die Nations League hat nicht unmittelba­r mit Corona zu tun“, betonte er: „Man bekommt viele negative Nachrichte­n. Aus meiner Sicht als Trainer war es gut, dass wir gespielt haben.“

Die Corona-Diskussion wird Manuel Neuer und seine Kollegen am Montag mit auf die Reise ins Risikogebi­et Andalusien begleiten. „Fünf positive Fälle und wir überlegen, ob wir das Spiel noch irgendwie anpfeifen können“, twitterte Bundesliga-Basketball­er Benjamin Lischka. Aber „wehe ein Team“aus den Profiligen im Handball oder Basketball habe einen positiven Fall im Team. „Könnt ihr halt nicht ernst meinen“, kritisiert­e Lischka. Auch aus dem Amateurfuß­ball kommen kritische Kommentare.

Der Theorie von angeblich dunklen Mächten, die dem finanzstar­ken Fußball Vorteile gewähren, widersprac­h Löw: „Wir vom DFB haben nicht die Möglichkei­t, ein Spiel abzusagen. Das liegt nicht in unserer Gewalt.“Beim DFB und dem Nationalte­am „tun wir alles, was wir können. Wir verhalten uns sehr disziplini­ert. Wir hoffen, dass es bei uns weiter keine positiven Fälle geben wird.“

Keine Isolation

Auch in anderen Sportarten wurde auf Gruppenqua­rantäne wie für die Ukraine in Leipzig verzichtet. Die deutschen Handballer wurden nicht isoliert, obwohl sie gemeinsam in einem kleinen Flieger aus Estland zurückreis­ten und infizierte Spieler an Bord waren. Kapitän Uwe Gensheimer durfte schon wieder in der Bundesliga auflaufen, obwohl er beim DHB-Team mit dem später positiv getesteten Torwart Johannes Bitter ein Zimmer teilte.

Frei von Quarantäne-Anordnunge­n ist auch der ProfiFußba­ll nicht. 1899 Hoffenheim hatte letztlich Glück, dass die vielen Corona-Fälle in der Länderspie­lpause auftraten. Die Uefa muss nach der Isolierung des norwegisch­en Teams um Dortmunds Stürmersta­r Erling Haaland entscheide­n, ob Rumänien in der Nations League drei Punkte am Grünen Tisch bekommt.

 ?? AP-BILD: Michael Sohn ?? Spielten trotz fünf Corona-Fällen beim Gegner: Timo Werner (Mitte) lässt sich für eines seiner beiden Tore gegen die Ukraine von Serge Gnabry (links) und Matthias Ginter feiern.
AP-BILD: Michael Sohn Spielten trotz fünf Corona-Fällen beim Gegner: Timo Werner (Mitte) lässt sich für eines seiner beiden Tore gegen die Ukraine von Serge Gnabry (links) und Matthias Ginter feiern.

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