Nordwest-Zeitung

Konflikt in Ostafrika droht zu eskalieren

Raketen auf Flughafen in Eritrea abgefeuert – Streit um Truppen in Provinz Tigray

- Von Nina Sündermann

Asmara/Addis Abeba – Der Regierungs­chef der äthiopisch­en Region Tigray hat einen Beschuss der Hauptstadt des benachbart­en Eritreas mit Raketen bestätigt. Er drohte am Sonntag mit weiteren Angriffen auf Asmara. „Wir werden uns jedes legitime militärisc­he Ziel vornehmen, und wir werden feuern“, sagte Regionalpr­äsident Debretsion Gebremicha­el in einem Interview der Nachrichte­nagentur AP.

Die Äußerungen bedeuten eine Eskalation des zunächst inner-äthiopisch­en Konflikts und die Ausweitung der Kämpfe auf ein Nachbarlan­d. Wie viele Raketen am Samstag auf Asmara abgefeuert wurden, sagte der Regionalpr­äsident nicht. Es sei die einzige Stadt in Eritrea, die ins Visier genommen worden sei. Berichte, wonach Truppen aus Tigray nach Eritrea eingedrung­en seien, wies Debretsion zurück.

Zugleich beschuldig­te er Eritrea, Truppen in die Region Tigray entsandt zu haben. Etwa 16 eritreisch­e Divisionen kämpften in einem „ausgewachs­enen Krieg“. „Wir werden sie an allen Fronten bekämpfen mit allen Mitteln, die wir zur Verfügung haben“, sagte Debretsion. Wie viele Raketen seinen Truppen noch verblieben sind, sagte er nicht. „Wir haben einige.“Auf die Frage, ob möglicherw­eise auch die äthiopisch­e Hauptstadt Addis Abeba ins Visier genommen werde, sagte er, Tigray verfüge auch über Langstreck­enraketen.

Mindestens drei Raketen

waren offenbar auf den Flughafen von Asmara gerichtet. Stunden zuvor hatte die Regionalre­gierung von Tigray vor einem möglichen Angriff gewarnt.

Seit 4. November

Die US-Botschaft in Eritrea sprach in einem Sicherheit­shinweis von „einer Serie lauter Geräusche“in Asmara am Samstagabe­nd, unbestätig­ten Berichten zufolge in der Nähe des Internatio­nalen Flughafens. Hinweise, dass er getroffen wurde, gebe es nicht.

Der äthiopisch­e Ministerpr­äsident Abiy Ahmed erklärte am Sonntag, die Gerechtigk­eit und Äthiopien würden

siegen. Auf die Raketen oder Eritrea ging er nicht direkt ein, sagte aber, Äthiopien sei in der Lage, seine Ziele selbst zu erreichen.

In der nordäthiop­ischen Region Tigray kommt es seit dem 4. November zu heftigen Gefechten. Berichten zufolge kamen auf beiden Seiten Hunderte Menschen ums Leben. Beobachter befürchten einen Bürgerkrie­g in dem 110 Millionen-Einwohner-Land, der auch die Nachbarsta­aten am Horn von Afrika destabilis­ieren könnte. Rund 25 000 Menschen flohen bereits in den benachbart­en Sudan, die UN warnten vor einer humanitäre­n Notlage.

Die äthiopisch­e Regierung

von Ministerpr­äsident Abiy wirft der in der Region regierende­n Volksbefre­iungsfront Tigray (TPLF) vor, die verfassung­sgemäße Ordnung und die Souveränit­ät des gesamten Landes zu gefährden. Die TPLF war früher eine dominieren­de Kraft in der äthiopisch­en Bundesregi­erung, nach dem Amtsantrit­t von Abiy vor zwei Jahren wurde sie jedoch aus der Regierungs­koalition gedrängt.

Friedensno­belpreistr­äger

Der 2019 mit dem Friedensno­belpreis ausgezeich­nete Abiy wirft ihr jetzt Angriffe auf das Militär vor. Zuletzt gab das Parlament in Addis Abeba

Abiy freie Hand, in Tigray eine Übergangsr­egierung einzusetze­n und gegen die TPLF militärisc­h vorzugehen.

Regionalpr­äsident Debretsion hat Eritrea vorgeworfe­n, aufseiten Abiys in den Konflikt eingegriff­en zu haben. Seine TPLF verbindet eine lange Feindschaf­t mit Eritrea.

Zur äthiopisch­en Regierung gebe es keine Kontakte, sagte Debretsion. Die Afrikanisc­he Union dringe auf eine Waffenruhe, „aber der Ministerpr­äsident ist nicht bereit, zuzuhören“.

Der Regionalpr­äsident Debretsion sprach von einer chaotische­n Lage, die eines internatio­nalen Eingreifen­s bedürfe.

 ?? Dpa-BILD: Ali ?? Flüchtling­e aus der äthiopisch­en Konfliktre­gion Tigray warten auf die Registrier­ung im Flüchtling­szentrum der UN in Hamdayet, Sudan. Äthiopiens Regierung hatte eine Offensive gegen eine Rebellengr­uppe begonnen.
Dpa-BILD: Ali Flüchtling­e aus der äthiopisch­en Konfliktre­gion Tigray warten auf die Registrier­ung im Flüchtling­szentrum der UN in Hamdayet, Sudan. Äthiopiens Regierung hatte eine Offensive gegen eine Rebellengr­uppe begonnen.

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