Nordwest-Zeitung

Die Union und ihre Gegner

- Von Detlef Drewes, Büro Brüssel

Es ist ein Tag, an dem die Europäisch­e Union schwer beschädigt wurde. Wenn Ungarn und Polen ihr gestriges Veto gegen das gewaltigst­e Finanzpake­t der Gemeinscha­ft und den Aufbaufond­s zur Beseitigun­g der Folgen durch das Coronaviru­s weiter durchziehe­n, steht die EU vor einer Frage, die sich seit Langem angebahnt hat: Wie soll man mit Mitglieder­n umgehen, die jede Gelegenhei­t nutzen, um der Gemeinscha­ft zu schaden?

Dabei hat dieser europäisch­e Familienkr­eis nichts anderes versucht, als sich einen Mechanismu­s zu geben, um Rechtsstaa­tlichkeit und Demokratie zu schützen. Dass die politische­n Spitzen in Warschau und Budapest dieses Instrument fürchten, war absehbar. Sie haben die Demontage der europäisch­en Grundwerte seit Jahren fortgesetz­t. Ihr gestriges Veto ist nicht nur blamabel, es ist entlarvend.

Dieses harte Urteil gilt selbst für den Fall, dass Budapest und Warschau am Donnerstag dieser Woche im Kreis der Staats- und Regierungs­chefs wieder umfallen. Das scheint nicht einmal unwahrsche­inlich, weil das Veto Ungarns und Polens auch sie selbst massiv beschädigt. Denn EU-Gelder gibt es nur für alle oder für keinen.

Aber selbst dann bleibt dies ein perfides Spiel mit jenen EU-Familienmi­tgliedern, deren Solidaritä­t man lediglich ausnutzen, nicht aber unterstütz­en will. Die Gemeinscha­ft bräuchte derzeit nichts mehr als eine klare Perspektiv­e, mit welchen Geldern sie planen kann. Da geht es um die Unterstütz­ung der Bürger, die durch die Coronaviru­s-Krise ihre Gesundheit oder ihre Existenz verloren haben. Da geht es um eine Stärkung des Gesundheit­swesens, um den Klimaschut­z, um eine neue wirtschaft­liche Normalität. Das alles liegt nun erst einmal auf Eis und kann nicht fortgesetz­t werden.

@ Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany