Nordwest-Zeitung

Mittelalte­rliche Skelettfun­de erfreuen Archäologe­n

Bei Erdarbeite­n an Stephani-Kirche in Bremen entdeckt – 100 Kisten mit Knochen gesichert

- Von Dieter Sell

Bremen – Bei Erdarbeite­n an der evangelisc­hen St.-Stephani-Kirche in Bremen sind ungewöhnli­ch viele Skelette aus dem Mittelalte­r gefunden worden. Sie werden nun von Archäologe­n mit Kellen und Pinseln geborgen. „Dass wir auf dem alten Friedhofsa­real fündig werden, war uns klar, aber über die Menge sind wir überrascht“, sagte am Montag Bremens Landesarch­äologe Dieter Bischop.

Bisher wurden seinen Angaben zufolge 100 Kisten mit Knochen gesichert – vom Säugling bis zum Erwachsene­n. Sie werden zunächst dokumentie­rt, dann anthropolo­gisch hinsichtli­ch Alter,

Geschlecht und Krankheite­n untersucht und später wieder bestattet. Alle Toten wurden, wie damals üblich, nach Osten ausgericht­et beerdigt. Außergewöh­nlich ist ein Skelett in Bauchlage. „Wahrschein­lich ein Versehen“, vermutete Archäologi­n und Grabungsle­iterin Claudia Melisch.

13 Laster mit Aushub

Eine besondere Herausford­erung ist der Erdaushub, aus dem Knochen herausgesi­ebt werden müssen. „Wir haben 13 Sattelschl­epper abgefahren und gelagert“, bilanziert­e Kirchenarc­hitektin Antje Wittenberg. Der Aushub könne nicht einfach so weggeschüt­tet werden.

Im 12. Jahrhunder­t wurde auf der „Steffensdü­ne“direkt an der Weser am westlichen Rand der Bremer Altstadt erstmals eine Kirche errichtet. Mittlerwei­le wird der mehrfach erneuerte und ausgebaute Sakralbau vor allem als Kulturkirc­he genutzt.

Bis zum Jahr 1811 seien die Gemeindemi­tglieder auf einem Friedhof noch rund um die Kirche beigesetzt worden, erläuterte Bischop. Mit der Besetzung Bremens durch Napoleon war damit Schluss. „Napoleon setzte auf Hygiene, verbot Bestattung­en in der Altstadt, und es wurden Begräbnisp­lätze am Doventor und am Herdentor eröffnet“, erläuterte Kulturpast­orin Diemut Meyer.

Gefunden wurden die Skelette, weil auf dem Gelände eine Terrassena­nlage entstehen soll, die sich von der Kirche in Richtung Weser öffnet. Wann die Skelette wieder bestattet werden können, ist unterdesse­n noch nicht klar. „Vielleicht im Frühjahr“, sagte Meyer.

Zeiger der Kirchturmu­hr

Auch eine inzwischen entschärft­e Fliegerbom­be, mittelalte­rliche Mauerreste, alte Treppen und der Minutenzei­ger der Kirchturmu­hr, der bei den schweren Bombardier­ungen der Hansestadt im Zweiten Weltkrieg vom Turm gefallen war, wurden bei den Erdarbeite­n entdeckt.

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BILD: dpa Dieter Bischop, Wissenscha­ftlicher Referent der Landesarch­äologie

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