Hier spricht kaum ein Kind Deutsch
Unterricht an Grundschule Kreyenbrück durch Corona unter nochmals erschwerten Bedingungen
Kreyenbrück – Für die Kinder aus der Grundschule Kreyenbrück am Breewaterweg war das Ende des coronabedingten Lockdowns wie eine Befreiung – endlich wieder rausgehen dürfen, die Freunde treffen, in der Klasse sitzen, lernen, auf dem Schulhof herumtoben und etwas zusammen unternehmen. Meist ist es so, dass man erst dann etwas Selbstverständliches wirklich zu schätzen weiß, wenn es nicht mehr zur Verfügung steht oder erlaubt ist. „Die Kinder waren total glücklich“, erzählt Sandra Oldiges, Grundschullehrerin in Kreyenbrück. Doch dann ging es wieder abwärts, die Regeln wurden verschärft und seit wenigen Tagen ist die Schule, weil ein Kind positiv getestet wurde, im Szenario B. Die Klassen wurden geteilt, Unterricht gibt es im Wechsel nur noch allle zwei Tage.
„Die Nerven liegen blank, wir bewegen uns auf dünnem Eis“, beschreibt die 42-Jährige ihre und die Gemütslage aller Beteiligten. Um den Druck von den Kindern zu nehmen, hatte man sich vor zwei Monaten entschlossen, einmal in der Woche einen Waldtag zu unternehmen. Zweimal waren sie seitdem in Sandkrug, zweimal im Schlossgarten sogar mit Frühstück, der Wochenmarkt wurde besucht, die Kinder lernten den Unterschied zwischen Obst und Gemüse und so ganz nebenbei das Fahren mit dem Bus – eine „Schule im Aufbruch“. Zum Hintergrund muss man wissen, dass keines der 16 Kinder in der Klasse von Sandra Oldiges aus Deutschland stammt, wirklich Deutsch sprechen kann.
An anderen Tagen bestimmt das Händewaschen, das Tragen des Mundschutzes und die Abstandsregel den Schulalltag. Der ist zunehmend schwer zu bewältigen und die Last wird immer größer. Die „Risikolehrer“steigen aus und melden sich ab, wollen nicht selbst mit dem lebensbedrohlichen Virus infiziert werden.
230 Kinder werden in der dreizügigen Grundschule unterrichtet. Der Schulalltag ist auch seelisch schmerzhaft. Oldiges: „Was sehr fehlt, ist die körperliche Kontaktaufnahme – beim Trösten beispielsweise. Wir dürfen die Kinder nicht auf den Arm nehmen.“Verstehen können sie das nicht.
Unterstützt wird sie bei der Arbeit von der Dolmetscherin Riam Suleiman, die vor 20 Jahren aus Syrien nach Deutschland gekommen war. „Ohne sie ginge nichts“, weiß die 42Jährige deren Einsatz auch in Elterngesprächen zu schätzen. Die Kinder (elf Jungs und fünf Mädchen) werden zudem von Schulbegleiterin Anja Köhl und Dominik Bolte als Jahrespraktikant von den Berufsbildenden Schulen betreut. Der Zusammenhalt unter den Erwachsenen im Team „Schulkindergarten“ist groß, ohne ihn würde die Arbeit so nicht möglich sein, betont Oldiges.
An den Waldtagen hält das Quartett fest, nun ist es am Montag und Dienstag in kleineren Gruppen unterwegs. Der Utkiek, das Schullandheim Bissel und der Abenteuerspielplatz Brandsweg sind die nächsten Ziele.