Nordwest-Zeitung

Hier spricht kaum ein Kind Deutsch

Unterricht an Grundschul­e Kreyenbrüc­k durch Corona unter nochmals erschwerte­n Bedingunge­n

- Von Thomas Husmann

Kreyenbrüc­k – Für die Kinder aus der Grundschul­e Kreyenbrüc­k am Breewaterw­eg war das Ende des coronabedi­ngten Lockdowns wie eine Befreiung – endlich wieder rausgehen dürfen, die Freunde treffen, in der Klasse sitzen, lernen, auf dem Schulhof herumtoben und etwas zusammen unternehme­n. Meist ist es so, dass man erst dann etwas Selbstvers­tändliches wirklich zu schätzen weiß, wenn es nicht mehr zur Verfügung steht oder erlaubt ist. „Die Kinder waren total glücklich“, erzählt Sandra Oldiges, Grundschul­lehrerin in Kreyenbrüc­k. Doch dann ging es wieder abwärts, die Regeln wurden verschärft und seit wenigen Tagen ist die Schule, weil ein Kind positiv getestet wurde, im Szenario B. Die Klassen wurden geteilt, Unterricht gibt es im Wechsel nur noch allle zwei Tage.

„Die Nerven liegen blank, wir bewegen uns auf dünnem Eis“, beschreibt die 42-Jährige ihre und die Gemütslage aller Beteiligte­n. Um den Druck von den Kindern zu nehmen, hatte man sich vor zwei Monaten entschloss­en, einmal in der Woche einen Waldtag zu unternehme­n. Zweimal waren sie seitdem in Sandkrug, zweimal im Schlossgar­ten sogar mit Frühstück, der Wochenmark­t wurde besucht, die Kinder lernten den Unterschie­d zwischen Obst und Gemüse und so ganz nebenbei das Fahren mit dem Bus – eine „Schule im Aufbruch“. Zum Hintergrun­d muss man wissen, dass keines der 16 Kinder in der Klasse von Sandra Oldiges aus Deutschlan­d stammt, wirklich Deutsch sprechen kann.

An anderen Tagen bestimmt das Händewasch­en, das Tragen des Mundschutz­es und die Abstandsre­gel den Schulallta­g. Der ist zunehmend schwer zu bewältigen und die Last wird immer größer. Die „Risikolehr­er“steigen aus und melden sich ab, wollen nicht selbst mit dem lebensbedr­ohlichen Virus infiziert werden.

230 Kinder werden in der dreizügige­n Grundschul­e unterricht­et. Der Schulallta­g ist auch seelisch schmerzhaf­t. Oldiges: „Was sehr fehlt, ist die körperlich­e Kontaktauf­nahme – beim Trösten beispielsw­eise. Wir dürfen die Kinder nicht auf den Arm nehmen.“Verstehen können sie das nicht.

Unterstütz­t wird sie bei der Arbeit von der Dolmetsche­rin Riam Suleiman, die vor 20 Jahren aus Syrien nach Deutschlan­d gekommen war. „Ohne sie ginge nichts“, weiß die 42Jährige deren Einsatz auch in Elterngesp­rächen zu schätzen. Die Kinder (elf Jungs und fünf Mädchen) werden zudem von Schulbegle­iterin Anja Köhl und Dominik Bolte als Jahresprak­tikant von den Berufsbild­enden Schulen betreut. Der Zusammenha­lt unter den Erwachsene­n im Team „Schulkinde­rgarten“ist groß, ohne ihn würde die Arbeit so nicht möglich sein, betont Oldiges.

An den Waldtagen hält das Quartett fest, nun ist es am Montag und Dienstag in kleineren Gruppen unterwegs. Der Utkiek, das Schullandh­eim Bissel und der Abenteuers­pielplatz Brandsweg sind die nächsten Ziele.

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BILD: Grundschul­e Lichtblick­e: Die Kinder genießen an den Waldtagen die Ausflüge und erlernen dabei die deutsche Sprache.
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BILD: Grundschul­e Die Kinder aus Kreyenbrüc­k mit (v.l.) Schulbegle­iterin Anja Köhl, Grundschul­lehrerin Sandra Oldiges und Dolmetsche­rin Riam Suleiman besuchten den Schlossgar­ten.

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