So erklärt Osnabrücks Trainer den Höhenflug
Warum Marco Grote sich nicht als HSV-Jäger fühlt und wie er über seine Zeit beim VfB Oldenburg denkt
Marco Grote (48) übernahm zu dieser Saison den Trainerjob von Daniel Thioune (jetzt Hamburger SV) beim VfL Osnabrück. Er erzählt, was sein Team auszeichnet, wie ihm die Fans an der Bremer Brücke fehlen und warum die Zeit in Oldenburg schwierig war.
Herr Grote, wie fühlt man sich als HSV-Jäger Nummer eins? Marco Grote: So empfinde ich uns nicht (lacht). Aber grundsätzlich fühle ich mich persönlich sauwohl, die Arbeit beim VfL in einem tollen Umfeld in Osnabrück macht sehr viel Spaß. Wir haben schon ein paar gute Leistungen gezeigt und mit diesen auch Punkte eingesammelt. Das ist es dann aber auch.
Aber der Blick auf die Tabelle mit dem VfL auf Platz zwei muss Ihnen Spaß machen?
Grote: Ja, aber interessanter für mich ist, was inhaltlich bei uns passiert und wie sich die Mannschaft weiterentwickelt. Wir haben erst sieben Spiele absolviert, da liegt noch eine ganze Menge vor uns. Wir können uns alle ganz gut selbst einschätzen. Wir freuen uns über die 13 Punkte, aber dafür haben wir auch jede Menge Arbeit investiert. Wir müssen uns jede Woche neu strecken, um Punkte zu holen. Wir wissen auch, dass bisher viele enge Spiele dabei waren.
Drei Siege, vier Unentschieden und noch keine Niederlage lautet die starke Bilanz in der Liga. Haben Sie mit so einem
Start gerechnet?
Grote: Was ich so mitbekommen habe, galten wir bei vielen vor der Saison als Abstiegskandidat – auch aufgrund der zahlreichen Abgänge. Das zweite Jahr nach dem Aufstieg wird allgemein immer als schwierig bewertet, dazu kommt, dass der VfL Osnabrück nun mal nicht das dickste Portemonnaie der zweiten Liga hat. Also ist dieses Denken ja auch erklärbar.
Aber? Was zeichnet Ihre Mannschaft aus?
Grote: Das ist etwas, das hat sich der VfL seit Jahren angeeignet und das sollte man auch bei ein paar Veränderungen am Kader aufrechterhalten: Eine hohe Geschlossenheit, ein sehr gutes Miteinander und eine starke Mentalität. Darüber hinaus, das hat sich in der Vorbereitung entwickelt, zeichnet uns eine gute gemeinsame Defensivarbeit und ein hohes Maß an Flexibilität aus.
Ein Plus des VfL ist in normalen Zeiten die Bremer Brücke. Sie
haben diese aufgrund der Corona-Pandemie noch gar nicht voll besetzt erlebt als Cheftrainer. Fällt Ihnen das im Stadion auf oder gewöhnt man sich schnell an die Geisterspiele? Grote: In Fürth am ersten Spieltag war eine deutliche Freude der Fans zu spüren, dass sie im Stadion sein durften. Ich hatte da das Gefühl, dass die 3000 Fans einen ziemlichen Rabatz gemacht haben. Dann hatten wir ein Heimspiel gegen Hannover 96 mit 3200 Fans an der Bremer
Brücke. Das war ein gewaltiger Push und in einigen Phasen der Partie eine wichtige Hilfe, die die Mannschaft seitdem nicht mehr in Anspruch nehmen kann. Umso mehr müssen wir uns selber helfen und gegenseitig unterstützen. Was mich angeht: Ich komme ja aus dem Jugendfußball, wo in den meisten Fällen ohnehin nicht viele Zuschauer da sind und konnte an der Seitenlinie schon immer gut das Drumherum ausblenden. Mein Fokus liegt voll auf dem Spiel. Aber natürlich freue ich mich auf die Rückkehr zur Normalität, sobald dies möglich ist.
Sie haben von 2008 bis 2020 in der Jugend von Werder gearbeitet. Warum war jetzt der richtige Moment für Sie, in den Männerbereich zu wechseln? Grote: Es hat sich so ergeben. Ich habe nie großartig danach gestrebt. Grundsätzlich hätte ich mir vorstellen können, auch im Jugendbereich weiterzuarbeiten. Ab und zu gab es Anfragen – und dann ist es etwas, wo du dich fragst: Warum probierst du das nicht mal?
Wie unterscheidet sich die Arbeit im professionellen Jugendbereich zum Vollprofitum bei den Männern?
Grote: Aus meinem Blickwinkel ist das nicht so dramatisch. In der U-19-Bundesliga wird ja
auch professioneller Fußball gespielt. Du hast eine bestimmte Altersklasse, das ist ein wesentlicher Unterschied. Und der Umgang mit den Menschen ist ein Faktor. Ich spreche natürlich mit einem 28-jährigen Profi anders als mit einem 18-jährigen Talent. In Werders Jugend ging es viel um Ausbildung, Entwicklung und Lehre. Jetzt geht es auch um Entwicklung, aber die Ziele sind kurzfristiger gesteckt. Man hat nicht so viel Zeit für Erfolge. Das Spiel an sich ändert sich nicht so wahnsinnig. Es ist etwas intensiver, körperbetonter, temporeicher. Aber es ist immer noch Fußball.
In Ihrer aktiven Zeit sind Sie 1998 zum VfB Oldenburg gewechselt und haben dort bis 2000 gespielt. Welche Erinnerungen verbinden Sie damit? Grote: Grundsätzlich erinnere ich mich gern zurück. Mirko Votava hat mich damals vom FC Bremerhaven zum VfB geholt. Es war aber auch eine schwierige Zeit. Der Club hatte große finanzielle Probleme und ich habe mehrere Trainer erlebt, wodurch wir sportlich nicht so in die Spur gefunden haben. Ich weiß zum Beispiel noch, dass wir mit dem VfB ausgerechnet an der Bremer Brücke mal gepflegte sieben Stück kassiert haben. Im Kleinen habe ich aber viele positive Erinnerungen.
Grundsätzlich fühle ich mich persönlich sauwohl, die Arbeit beim VfL in einem tollen Umfeld in Osnabrück macht sehr viel Spaß. „Mirko Votava hat mich damals vom FC Bremerhaven zum VfB geholt. Es war aber eine schwierige Zeit.