Nordwest-Zeitung

Keine elterliche Sorge bei lebenslang­er Haft

Ruhen der elterliche­n Sorge reicht nicht – Kinder traumatisi­ert

- Von Christina Begenat

Eltern haben gegen Eingriffe der öffentlich­en Gewalt ein Abwehrrech­t, wenn der Eingriff nicht durch das staatliche Wächteramt gedeckt ist. Diese grundrecht­sgeschützt­e Position beinhaltet bei staatliche­n Eingriffen hohe Anforderun­gen an den Sorgerecht­sentzug, insbesonde­re an die Begründung der Gefahrenla­ge, insbesonde­re bei Fremdunter­bringung von Kindern. Mit einem entspreche­nden Fall hatte sich das Oberlandes­gericht (OLG) Brandenbur­g in einer aktuellen Entscheidu­ng vom 3. August 2020 (Aktenzeich­en 13 UF 64/19) zu befassen.

Lebenslang­e Freiheitss­trafe für den Kindesvate­r

Der Vater wendet sich gegen die Entziehung der elterliche­n Sorge für seine in 2005 und 2006 geborenen Söhne und seine 2015 geborene Tochter. Er hat die Mutter seiner Kinder unter einem Vorwand von Brandenbur­g nach München gelockt und dort getötet. Das Landgerich­t München hat ihn des Mordes schuldig gesprochen und zu lebenslang­er Freiheitss­trafe verurteilt.

Das Amtsgerich­t als erster Instanz hatte dem Vater die elterliche Sorge für die Kinder entzogen und Vormundsch­aft angeordnet. Das Kindeswohl sei durch eine fortwirken­de Traumatisi­erung der Kinder gefährdet, wobei die bloße Feststellu­ng des Ruhens der elterliche­n Sorge nicht ausreiche. Mit seiner Beschwerde an das OLG erstrebt der Vater das Ruhen seiner elterliche­n Sorge.

Ruhen der elterliche­n Sorge reicht nicht aus

Die Familienri­chter der zweiten Instanz beschließe­n: Eine Kindeswohl­gefährdung liegt vor in Gestalt einer greifbar drohenden Störung einer noch andauernde­n notwendige­n Traumavera­rbeitung. Die Kinder sind mehrfach traumatisi­ert durch den Verlust der Mutter, die Tat ihres Vaters und dessen Verantwort­lichkeit für den Verlust ihrer Mutter als deren Mörder. Sie befinden sich in Therapie. Ihr Wunsch nach größtmögli­chem Abstand zum Täter ist unmittelba­r einleuchte­nd und entspricht einer natürliche­n Traumavera­rbeitung bei Ermordung nächster Verwandter, hier erst recht bei der eigenen Mutter als ihrer Hauptbezug­sperson.

Die Feststellu­ng des Ruhens kommt hier als milderes Mittel nicht in Betracht. Dieser Umstand macht hier im Erleben der Beteiligte­n einen ganz erhebliche­n Unterschie­d, bei den Kindern, die ihre Unterworfe­nheit unter ein fortbesteh­endes Sorgerecht ihres Vaters zur Gänze und damit beseitigt wissen wollen, nicht anders als beim Vater, der sein Sorgerecht geringstmö­glich eingeschrä­nkt wissen will, nämlich nur in der Ausübung. Bei dieser Sachlage besteht die handfeste Gefahr für die Kinder, ihre Traumavera­rbeitung durch Missachtun­g ihres Bedürfniss­es und ihres Willens nach größtmögli­chem Abstand

Christina Begenat

Rechtsanwä­ltin Fachanwält­in für Familienre­cht

zu ihrem Vater als Mörder ihrer Mutter zu beeinträch­tigen. Deswegen sei das Sorgerecht dem Vater zu entziehen und dem Jugendamt zu übertragen.

@ www.anwaeltin-begenat.de

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