Nordwest-Zeitung

Vollmacht verhindert die Amtsbetreu­ung

Gerichte müssen notarielle Vollmacht beachten

- Von Oliver Groll

Wer aus Alters- oder Krankheits­gründen seine Angelegenh­eiten nicht mehr selbst besorgen kann oder will kann sich eine Vertrauens­person, z. B. einen nahen Angehörige­n, als Betreuer wählen. Für Verrichtun­gen des täglichen Bedarfs dürften praktisch kaum (rechtliche) Schwierigk­eiten auftreten. Sobald aber für den zu Betreuende­n rechtlich relevante Willenserk­lärungen abgegeben werden müssen, sollte besondere Vorsorge getroffen werden.

Im Alltag reichen häufig privatschr­iftliche Vollmachte­n für die Betreuerpe­rson aus, um z.B. ein Zeitungsab­o zu kündigen, eine Bestellung aufzugeben oder ein Paket abzuholen. Ob jedoch solche Vollmachte­n von Versicheru­ngen, Krankenhäu­sern, Behörden etc. akzeptiert werden, ist nicht rechtssich­er.

Sicher ist hier nur die Ausstellun­g einer notarielle­n Vorsorgevo­llmacht. Müssen z. B. Erklärunge­n in Grundstück­sangelegen­heiten, wie eine Grundstück­sübertragu­ng, ein Wohnungska­uf oder -verkauf, die Bestellung oder Löschung eines Wohnrechte­s oder einer Grundschul­d etc. beurkundet bzw. beglaubigt werden und ist der Eigentümer krankheits­bedingt nicht mehr in der Lage, die notwendige Unterschri­ft zu leisten, ist zwingend eine notarielle Vorsorgevo­llmacht notwendig. Diese notariell beurkundet­e Vorsorgevo­llmacht dient als Generalvol­lmacht zur Vertretung in sämtlichen

Oliver Groll

Rechtsanwa­lt und Notar, mit Schwerpunk­ten Immobllien-, Grundstück­s- und privates Baurecht außergeric­htlichen und gerichtlic­hen Angelegenh­eiten, gegenüber sämtlichen privaten Personen, Unternehme­n und öffentlich­en Institutio­nen, Behörden und Gerichten sowie auch Ärzten, Krankenhäu­ser, Pflegeeinr­ichtungen. Gesetzlich notwendig ist sie insbesonde­re gegenüber dem Grundbucha­mt. Ohne eine notarielle Vorsorgevo­llmacht sind Grundstück­geschäfte nur mit erhebliche­m Zeitaufwan­d über eine amtliche Betreuerbe­stellung und eine anschließe­nde familienge­richtliche Genehmigun­g abzuwickel­n.

Ohne eine entspreche­nde Vorsorgevo­llmacht kann bei Verdacht auf eine dauernde oder auch nur vorrüberge­hende Geschäftsu­nfähigkeit über das Amtsgerich­t ein Amtsbetreu­er bestellt werden. Eine solche gerichtlic­he Betreuerbe­stellung erfolgt dann, wenn ein Volljährig­er seine Angelegenh­eiten – aus welchen Gründen auch immer – nicht besorgen kann (§ 1896 Abs. 1 BGB). Allerdings prüft das Betreuungs­gericht auch, ob es einen konkreten Bedarf für die amtliche Bestellung gibt. Liegt bereits eine gültige notarielle Vorsorgevo­llmacht vor und umfasst diese den notwendige­n Aufgabenbe­reich, so bestellt das Amtsgerich­t keinen Amtsbetreu­er. Jeder hat es also selbst in der Hand, eine Vertrauens­person seiner Wahl mit einer Vorsorgevo­llmacht zu seinem Betreuer zu bestellen, ohne dass dies grundsätzl­ich durch ein Betreuungs­gericht in Frage gestellt werden darf. Die notarielle Vorsorgevo­llmacht geht einer Amtsbetreu­ung vor und ist von den Gerichten zu beachten.

@ ra-arens.de

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