Coronabedingte Schließung einer Gaststätte
Landgericht München verurteilt Betriebsschließungsversicherer zur Zahlung
Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 01.10.2020 (Az. 12 O 5895/20) einen Betriebsschließungsversicherer zur Zahlung von Versicherungsleistungen für die Betriebsschließung einer Gaststätte verurteilt.
Seit mehreren Monaten streiten sich Gastwirte und Hoteliers mit Betriebsschließungsversicherern um die Frage, ob Versicherer für coronabedingte Betriebsschließungen von Hotels und Gaststätten leisten müssen.
Viele Versicherer weigern sich zu zahlen. Begründet wird dies in der Regel damit, dass Covid-19 ein neuer Krankheitserreger ist, der nicht unter die versicherten meldepflichtigen Krankheiten der meisten Betriebsschließungsversicherungen falle.
Einige Versicherer bieten Vergleichszahlungen in Höhe von 15 Prozent der vereinbarten Versicherungssumme an. Die angebotenen 15 Prozent ergeben sich nach Auffassung der Versicherer daraus, dass sich der wirtschaftliche Schaden bei den Betrieben durch Kurzarbeitergeld, Soforthilfen und ersparte Aufwendungen für Materialkosten um 70 Prozent reduziere. Von den verbleibenden 30 Prozent würde sodann die Hälfte übernommen.
Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege hatte im vom Landgericht
München entschiedenen Fall am 21.03.2020 auf der Grundlage einer Allgemeinverfügung die Gaststätte geschlossen. Der Gastwirt konnte seinen Betrieb erst Mitte Mai 2020 wieder öffnen.
Versicherungsbedingungen unwirksam
Das Gericht verurteilte den Versicherer zur Zahlung und führte aus, dass es entgegen der Ansicht des Versicherers auf die Rechtsform und Rechtmäßigkeit der staatlichen Anordnung nicht ankäme. Der Gastwirt habe auch nicht gegen die Anordnungen vorgehen müssen.
Weiter sei es auch nicht erforderlich, dass das Coronavirus
im Betrieb auftrete. Es komme nach den Versicherungsbedingungen allein darauf an, dass der Betrieb aufgrund des Infektionsschutzgesetzes geschlossen worden sei.
Die Klausel des Versicherers zum Versicherungsumfang sei intransparent und damit unwirksam. Der Versicherungsnehmer gehe aufgrund des Wortlautes der Klausel davon aus, dass der Versicherungsschutz umfassend sei und sich mit dem Infektionsschutzgesetz decke. Den tatsächlichen Umfang des Versicherungsschutzes könne er nur durch einen Vergleich der Versicherungsbedingungen mit der aktuellen Fassung des Infektionsschutzgesetzes erfassen. Eine Klausel, deren
Tragweite nur durch den Vergleich mit einer gesetzlichen Vorschrift erkennbar sei, die aber dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht bekannt sei, ist nach Auffassung des Landgerichts München I unwirksam.
Kurzarbeitergeld wird nicht angerechnet
Der Versicherungsnehmer müsse sich auf die Höhe der Versicherungsleistung auch weder Kurzarbeitergeld noch staatliche Corona-Liquiditätshilfen anrechnen lassen, da es sich hierbei nicht um Schadensersatzzahlungen für die Betriebsschließungen handele. @ www.rae-wandscher.de
Christine Weigmann
Rechtsanwältin Fachanwältin für Verkehrsund Versicherungsrecht