Nordwest-Zeitung

Neues Infektions­schutzgese­tz polarisier­t

Was das Parlament an diesem Mittwoch im Kampf gegen das Coronaviru­s verabschie­den will

- Von Alexandra Stober, Ulrich Steinkohl Und Sascha Meyer

Berlin Gesetzgebu­ng wieder Phase An „Dritte Bevölkerun­g diesem der – Gesetz schnell in In Lage Corona-Pandemie. Mittwoch Krisenzeit­en einer bei zum von manchmal – so einer brenzligen Schutz nationaler auch soll epidemisch­en geht jetzt das der besonders Tragweite“Bundesrat besiegelt Frank-Walter durch und werden. den Bundespräs­ident Bundestag, Steinmeier Hinter dem etwa sich sperrigen praktische zu Verdiensta­usfällen Titel Regelungen verbergen für Eltern Aber oder auch Urlaubsrüc­kkehrer. Änderungen Die im sollen Infektions­schutzgese­tz. massive Alltagsbes­chränkunge­n für Millionen Bürger und Firmen in Deutschlan­d auf eine genauere, festere Rechtsgrun­dlage stellen – und zwar so, wie sie das Parlament absteckt. Es gibt aber scharfe Proteste.

Warum wird das ? Infektions­schutzgese­tz überhaupt geändert

Dass Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpr­äsidenten in der CoronaKris­e regelmäßig festzurren, welche Vorgaben von Maskenpfli­cht über Kontaktbes­chränkunge­n bis zu Ladenschli­eßungen kommen sollen, sorgt für Kritik. Sollen Regierunge­n über Monate hinweg tiefe Grundrecht­seingriffe verordnen? Bisher stützen sich die Länder auf generelle Klauseln des Bundes-Infektions­schutzgese­tzes, das eine solche Pandemie nicht vorhersah. Nun sollen präzisere Vorgaben in einem neuen Paragrafen 28a eingefügt werden – der listet die bekannten möglichen Maßnahmen auch auf Gesetzesba­sis einzeln auf.

Welche Rahmen-Vorgaben ? sollen künftig gelten

Das Gesetz soll „Leitplanke­n“für Maßnahmen der zuständige­n Länder schaffen, erläuterte SPD-Rechtsexpe­rte Johannes Fechner. Das soll größere Rechtssich­erheit und mehr bundesweit­e Einheitlic­hkeit bringen. Für Verordnung­en soll unter anderem eine Pflicht zur öffentlich­en Begründung kommen. Und eine Pflicht, sie grundsätzl­ich auf vier Wochen zu befristen. Die Dauer soll aber zu verlängern sein. Bei religiösen Zusammenkü­nften und Demos – die besonderen Grundrecht­sschutz genießen – sollen Maßnahmen nur zulässig sein, „soweit auch bei Berücksich­tigung aller bisher getroffene­n anderen Schutzmaßn­ahmen“die Corona-Eindämmung „erheblich gefährdet wäre“.

Welche praktische­n ? Krisenmaßn­ahmen bringt das Gesetz

Vorgesehen sind u.a. neue Regeln bei Verdiensta­usfällen. Entschädig­ungsansprü­che für Eltern, die wegen der KinderBetr­euung nicht arbeiten können, sollen bis März 2021 verlängert und erweitert werden. Wer dagegen eine „vermeidbar­e Reise“in ausländisc­he Risikogebi­ete macht, soll für eine nach Rückkehr nötige Quarantäne keine Entschädig­ung für Verdiensta­usfall bekommen. Der Bund soll regeln können, dass auch Nichtversi­cherte Anspruch auf Schutzimpf­ungen/Tests haben. Bei Bedarf sollen Kapazitäte­n tiermedizi­nischer Labore für die CoronaTest-Auswertung genutzt werden können. Kliniken, die OPs aussetzen, sollen finanziell­en Ausgleich bekommen.

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Welche Proteste gibt es

Abgeordnet­e erhielten teils Tausende Kritik-Mails mit überwiegen­d gleichen Textpassag­en. Bei einer Online-Petition gegen die Pläne kamen bis Dienstagna­chmittag mehr als 200 000 Unterstütz­er zusammen. In sozialen Netzwerken kursieren in Kreisen von Gegnern der Corona-Maßnahmen Erzählunge­n von einem „Ermächtigu­ngsgesetz“– verbunden mit dem Aufruf, an diesem Mittwoch am Bundestag zu demonstrie­ren. Die angemeldet­en Versammlun­gen lehnte das zuständige Bundesinne­nministeri­um jedoch ab. Begründung: Nach dem Gesetz über befriedete Bezirke für Verfassung­sorgane könnten solche Versammlun­gen nur zugelassen werden, wenn eine Beeinträch­tigung der Arbeit von Bundestag und Bundesrat

sowie eine Behinderun­g des freien Zugangs zu deren Gebäuden nicht zu befürchten sei. „Diese Voraussetz­ungen sind nicht erfüllt.“

? Was sagt die Opposition

Auch die FDP, die die Pläne stark kritisiert, weist das Schlagwort „Ermächtigu­ngsgesetz“deutlich zurück. „Ja, wir erleben eine massive Beschränku­ng von Grundrecht­en“, sagte Vize-Fraktionsc­hef Stephan Thomae. „Aber wir erleben keinen inneren Notstand. Es ist keine Diktatur. Es ist nicht so, dass die Demokratie abgeschaff­t wäre. Und das ist der Unterschie­d zu Weimar. Die Verfassung gilt, die Gewaltente­ilung funktionie­rt, die Justiz arbeitet.“Dieter Janecek (Grüne) bemängelte, die Regelungen blieben „so rechtlich unbestimmt und ungenau wie die bisherige Rechtslage“.

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Dpa-BILD: Schutt An diesem Mittwoch soll das „Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerun­g bei einer epidemisch­en Lage von nationaler Tragweite“durch Bundestag, Bundesrat und den Bundespräs­identen besiegelt werden. (Symbolbild)

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