Kirchen bleiben als Trosträume gefragt
Gotteshäuser passen Öffnungszeiten an – Hygiene-Maßnahmen stellen Gemeinden vor Probleme
Im Norden – Pastor Frank Blase spricht von einem Rekord. Nach seinen Beobachtungen haben noch nie so viele Menschen die „Ole Kerk“in Bispingen besucht wie in diesem Sommer. „Ich kann ein ganzes Buch schreiben über die Begegnungen.“
Die Kirche mit Ursprüngen im Jahr 1353 liegt mitten in der Touristenhochburg Lüneburger Heide. Seit es nach den Hygienebestimmungen in der Corona-Pandemie wieder möglich ist, sind ihre Türen geöffnet – derzeit täglich von sechs bis 18 Uhr. Und nicht nur Urlauber kommen einfach mal so in den Feldsteinbau, sagt Blase. „Auch Kita-Kinder aus dem Dorf zünden dort mal eine Kerze an.“
Große Herausforderung
Es sei entscheidend, Kirchengebäude „mit der gebotenen Verantwortung und Vorsicht“als Trosträume offen zu halten, so haben es die evangelischen und katholischen Bischöfe in Niedersachsen Ende Oktober in einem gemeinsamen Wort zur Coronakrise formuliert. Gehandhabt wird das unterschiedlich, denn für die Gemeinden stellen sich besonders im Winter Herausforderungen. Schon im Sommer konnten etwa die mehr als 300 Kirchen, die allein in der hannoverschen Landeskirche für garantierte Zeiten mit dem Signet „verlässlich geöffnet“ausgezeichnet sind, diese nicht immer bieten.
„Wir haben die Verlässlichkeit im Sommer ausgesetzt“, sagt Klaus Stemmann von der Tourismusseelsorge der Landeskirche. „Das Gros der ehrenamtlichen Kirchenwachen gehört zur Risikogruppe.“Dennoch hätten sich viele Gemeinden mit aufwendigen Hygieneplänen bemüht, Standards einzuhalten.
Mit sinkenden Temperaturen in den kommenden Monaten aber hielten es die Ehrenamtlichen in kalten Kirchen nicht den ganzen Tag aus. Dennoch ermutige die Initiative „Offene Kirche“dazu, auch über die Ende Oktober beendete Saison hinaus „mit Augenmaß und in Eigenverantwortung“weiter Zutritt zu den Kirchen zu ermöglichen.
„Zugang ermöglichen“
Dass vielerorts die Pfarrer und Kirchenvorstände alles tun, um den Menschen einen Zugang zu den Gotteshäusern zu ermöglichen, sieht auch der Küster der St.-AndreasKirche in Braunschweig, Lothar Püster.
Die Öffnungszeiten seien allerdings verschieden, sagt der frühere Vorsitzende des Deutschen evangelischen Küsterbunds. Während die Innenstadtkirchen wie der Braunschweiger Dom täglich mehrere Stunden öffneten, seien andere, insbesondere in kleinen Gemeinden auf dem Land nur zu Gottesdiensten für Besucher zugänglich.
Wenn allerdings ein Zugang gewährleistet werde, könnten die Menschen in den
Kirchen wieder beten, Kerzen entzünden, die Sorgen hinter sich lassen.
Überblick behalten
Der Vorsitzende der Küstervereinigung im Verband kirchlicher Mitarbeiter in Hannover, Rüdiger Busch, sieht in der Öffnung der Kirchen zu den Gottesdiensten eine Sondersituation. „Wir stehen unter Beobachtung.“Zu anderen Zeiten sei es oft schwierig, den Überblick über die Einhaltung von Abständen zu behalten.
Es sind oft praktische Gründe, warum Öffnungszeiten eingeschränkt werden. Die St. Johanniskirche in Lüneburg besuchen laut Pastor Diederik Noordveld rund 200 000 Menschen pro Jahr. Zuletzt seien es nur noch im Schnitt vier pro Stunde gewesen. „Es ist vor allem wichtig, dass die Lüneburger regelmäßig in ihre Kirche kommen können“, sagt Noordveld.