Die im Dunkeln sieht man doch
Theater Wrede zeigt im Bilderbuchstück „Mond – eine Reise durch die Nacht“verborgene Welt
Oldenburg – Durch die Baumkronen dämmert schwach der abendliche Novemberhimmel. Noch kann man orangegelb verfärbtes Laub erkennen. Und wenn man ganz genau hinschaut, sieht man den Waldkauz, der hoch oben in der alten Buche des Eversten Holzes wohnt.
„Aber der wartet noch, bis es ganz dunkel ist, dann geht er jagen“, sagt Carola Kaltofen und setzt ihr Fernglas ab. Der Biologin sind die nachtaktiven Arten gut bekannt – für ihren Job bei einem ökologischen Planungsbüro ist sie oft in der Dunkelheit unterwegs, begegnet Fröschen, Eulen, Erdkröten, Fledermäusen, Spinnen und Faltern. Wenn wir Menschen längst schlafen, erwacht ein großer Teil der Natur zum Leben. Wer nicht wie Carola Kaltofen Daten sammelt und Erhebungen macht oder sonstige Gründe hat, dem Bett fernzubleiben, verpasst dieses bunte Treiben.
Corona-konformes Stück
Zeit, eine Reise durch die Nacht zu unternehmen, hat das Theater Wrede entschieden – und widmet sich in einer neuen Inszenierung dem gleichnamigen Stoff. Nach dem Bilderbuch „Mond – eine Reise durch die Nacht“von Britta Teckentrup soll ein Stück für Menschen ab eins entstehen. „Im Mittelpunkt stehen Bilder – große Wandprojektionen, begleitet von Musik“, sagt Katharina Proske vom Theater Wrede.
Während es im Saal bis auf den Mondschein an der Decke, dunkel ist, ziehen Vogelschwärme an den Wänden vorbei, Frösche quaken, Grillen zirpen. Auf großen Sitzsäcken platziert dürfen die Zuschauenden das tierische Treiben in der Nacht erleben. Zu den animierten Illustrationen Britta Teckentrups wird der Bildebuchtext gelesen. Klänge zu dem Stück werden gerade von einer Rastederin komponiert. Die Idee der Inszenierung des Werkes trägt Dramaturgin Marga Koop schon eine ganze Weile mit sich herum. Mit dem ersten Corona-Lockdown im Frühjahr kam zu dem Wunsch der freien Bühneninterpretation die Notwendigkeit kreativer Alternativen zum konventionellen Theater.
Faszination Mond
Ganz ohne Darstellende eine Nähe zum Publikum schaffen, das – verteilt auf der Bühne sitzend – genügend Abstand zueinander hat, Atmosphäre mit sinnesansprechenden Mitteln erzeugen, ist die Grundidee.
Marga Koop, die als künstlerische Leiterin des Theaters schon viele Jahre Stücke für kleine Menschen entwickelt, weiß „wie aufregend Kinder den Mond finden, wie viel Fantasie und Neugierde er weckt“. Das Projekt sei „eine Herzenssache“. Momentan – in der aktuellen Schließungsphase der Theater – wird mit Hochdruck an dem Stück gearbeitet. Premiere soll am 26.
Februar kommenden Jahres sein. Derzeit sei man noch auf der Suche nach Sponsoren, die die Umsetzung unterstützen.
Exotische Tierwelt
Während Kinder und Eltern in dem 40-Minütigen Stück auf Papageientaucher, Hasen, Quallen, Pinguine, Bären, Meeresschildkröten und Savannentiere treffen, kann Carola Kaltofen durch ihr Fernglas im Eversten Holz natürlich nur heimische Arten entdecken. Inzwischen ist es so dunkel geworden, dass man ohnehin mehr hört, als sieht. Wesentlich lauter sei es natürlich im Sommer, sagt die Biologin. Am Teich zur Hauptstraße hin gäben dann Frösche nächtliche Konzerte.
Jetzt im Winter entdeckt man eher Fledermäuse – oder eben den Waldkauz in der alten Buche. Der sitzt immer noch an Ort und Stelle und wartet, bis die Menschen schlafen – oder auf den großen Auftritt. Vielleicht macht er ja einen Abstecher ins Theater. Eine Reise durch die Nacht ist voller Überraschungen.
@ www.theaterwrede.de
Reisen gerne durch die Nacht: Katharina Proske und Carola Kaltofen (rechts)