Sohn lässt pflegebedürftigen Vater verkommen
Blankes Entsetzen: Madenbefall am ganzen Körper – Kopfhaut war mit Kopfkissen verwachsen
Oldenburg/Delmenhorst – Im Delmenhorster Vernachlässigungsprozess um den qualvollen Tod eines pflegebedürftigen und bettlägerigen Mannes ist der Sohn (44) des Verstorbenen am Dienstag zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden.
Die 2. Schwurgerichtskammer des Oldenburger Landgerichtes unter Vorsitz von Richterin Dr. Melanie Bitter wertete die entsetzliche Tat als Körperverletzung durch Unterlassen mit Todesfolge. Im Verfahren
hatte zum Teil blankes Entsetzen vorgeherrscht. Man habe es mit einem Ausnahmefall zu tun. Und schaue man sich die Bilder von dem Verstorbenen an, mache sich Empörung breit, so Richterin Bitter.
Unfassbares Leid
Unfassbares Leid hatte den 75-Jährigen qualvoll sterben lassen. Acht Jahre lang hatte der Mann nach einem Schlaganfall auf Müllplanen im Bett gelegen, der Körper war übersät von Maden, die Kopfhaut dem Kopfkissen verwachsen. Der Körper lag in Urin und Kot, Knochen ragten aus der Haut. Rettungssanitäter waren zur Empörung gar nicht mehr in der Lage, sie seien nur noch wütend gewesen, sagte ein Sanitäter. Im Krankenhaus war der 75-Jährige dann gestorben. Das kam einer Erlösung gleich.
Der Sohn, selbst erkrankt, sei mit der Pflege überfordert gewesen, sagte die Vorsitzende. Aber nicht nur der Sohn, sondern auch staatliche Behörden haben nach Überzeugung des Gerichtes versagt.
Das Gesundheitsamt kümmerte sich nicht, der gesetzliche Betreuer und eine Pflegeberaterin schauten weg, sahen nicht einmal nach dem alten, sterbenden Mann.
Kein Tötungsvorsatz
Trotzdem waren die Verfahren gegen den Betreuer und die Pflegeberaterin eingestellt worden. Der Sohn, der selbst einen verwahrlosten Eindruck machte, blieb im Verfahren – anfangs noch präsent, dann nur noch zu Hause.
Die Bitter-Kammer untermit stellte dem 44-Jährigen keinen Tötungsvorsatz. Der Sohn des Opfers sei schlichtweg überfordert gewesen, so die Vorsitzende. Dass aber der Tod mit der Vernachlässigung zu tun hat, davon war das Gericht überzeugt. Die Verteidigung hatte davon nichts wissen wollen. Sie nahm den Betreuer und die Pflegeberaterin in die Verantwortung.
Dem Angeklagten billigte das Gericht aufgrund einer psychischen Störung eine verminderte Schuldfähigkeit zu. Das zog dann den Strafrahmen nach unten.