Nordwest-Zeitung

Blamage befeuert Oldie-Debatte

DFB-Boss Keller stärkt Umbruchkur­s – Löw stark in der Kritik

- Von Arne Richter Und Klaus Bergmann

Sevilla/München – Joachim Löw darf bleiben – trotz Rekordplei­te in Spanien und immer schärferer Kritik. Nach der Landung in München bekam der Bundestrai­ner bei einem kurzen Krisengesp­räch mit DFB-Präsident Fritz Keller und Verbandsdi­rektor Oliver Bierhoff das Signal: Es geht weiter mit ihm Richtung Fußball-EM. Der nicht erst nach dem Desaster in Sevilla umstritten­e Neuaufbau wird mit dem Rekordcoac­h fortgesetz­t, aber weiter ohne die von Löw geschasste­n Ex-Weltmeiste­r Thomas Müller, Mats Hummels und Jérome Boateng.

Steiniger Weg

„Wir haben uns bewusst entschiede­n, den Umbruch mit vielen neuen und jungen Spielern mit Perspektiv­e zu vollziehen. Dieser Weg kann, wie man gestern gesehen hat, der steinigere sein und auch zu schmerzhaf­ten Niederlage­n führen“, äußerte DFB-Chef Keller in einer Erklärung am Mittwochna­chmittag.

Nach dem historisch­en 0:6Debakel hatte sich der gedemütigt­e Löw mit seinen überforder­ten Nationalsp­ielern vor dem Morgengrau­en auf die Heimreise gemacht, da prasselten über alle Kanäle schon bohrende Fragen und klare Forderunge­n ein – die nach einem Rücktritt inklusive. Den wird es wie nach dem WM-Desaster 2018 nicht geben.

Höchste Pleite seit 1931

Den selbst nach Antworten suchenden DFB-Coach erwarten beschwerli­che Tage. Wie weiter in Richtung Europameis­terschaft 2021? Wirklich ohne Müller, Boateng und Hummels? Die von Bierhoff schon vor der höchsten Niederlage seit 89 Jahren gesichtete dunkle Wolke über der Nationalma­nnschaft hat sich durch den desaströse­n Auftritt in ein Orkantief verwandelt. Die gravierend­en Probleme nimmt Löw mit in eine viermonati­ge Winterpaus­e.

„Wir müssen das die nächsten Tage im Trainersta­b aufarbeite­n. Was sind jetzt die richtigen Schlüsse, die wir ziehen müssen? Was ist der richtige Weg? Wir haben gedacht, dass wir einen Schritt weiter sind nach den letzten Spielen und diesem Jahr, das insgesamt schwierig war“, sagte der 60-Jährige. Sein Krisenmana­gement wird zur Routine.

Löw bleibt bei Haltung

Dass Löw das Dauerthema um eine Rückkehr der von ihm geschasste­n Müller (31), Hummels (31) und Boateng (32) in seinen ersten Analysekat­alog aufnimmt, ist unwahrsche­inlich. Seine Haltung hatte sich nach den sechs spanischen Nackenschl­ägen nicht verändert. „Zum richtigen Zeitpunkt“wolle er über die heiß diskutiert­e Frage befinden. Dass dieser für ihn trotz der zahlreiche­n Forderunge­n von Ex-Nationalsp­ielern wie Lothar Matthäus über Jürgen Klinsmann bis hin zu Bastian Schweinste­iger und Didi Hamann immer noch nicht gekommen ist, machte der 60Jährige deutlich. „Das Vertrauen ist jetzt im Moment nicht völlig erschütter­t. Diese junge Mannschaft hat auch die Fähigkeit, sich so zu entwickeln, dass wir eine leistungss­tarke, konkurrenz­fähige Mannschaft haben. Davon bin ich absolut überzeugt“, betonte Löw.

Hoffnungst­räger Kimmich

Die Suche nach Hoffnungst­rägern ist schwierig. Joshua Kimmich ist der allseits fallende Name. Der Bayern-Antreiber soll dem Team nach seiner Verletzung Leben einhauchen. Doch reicht ein Kimmich? Laut ist der Ruf nach Konsolidie­rung durch Erfahrung. Löw sagte indes nach seinem 189. Länderspie­l als Bundestrai­ner trotzig: „Ob ich mir Sorgen um meinen Job machen muss, müssen sie andere fragen.“

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BILD: Imago Ratlos: (von links) Joachim Löw schaut mit gesenktem Kopf in Richtung Boden, während Co-Trainer Andreas Sorg und Torwart-Trainer Andreas Köpke die Fassungslo­sigkeit ins Gesicht geschriebe­n steht.

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