Nordwest-Zeitung

Giulianis wilde Verschwöru­ngstheorie­n

Was Trumps Mann fürs Grobe in einer kuriosen Pressekonf­erenz alles behauptete

- Von Friedemann Diederichs, Büro Washington

Washington – Rudolph Giuliani, der als Mann von „law and order“und Bürgermeis­ter New Yorks einst den Verbrecher­n das Leben im „Big Apple“schwer machte, ist mittlerwei­le Donald Trumps Mann fürs Grobe geworden. Der Jurist, der für seine Dienste vom Präsidente­n Berichten zufolge 20000 Dollar pro Tag verlangt, versichert­e in einer der kurioseste­n Pressekonf­erenzen der Amtszeit Trumps am Donnerstag: „Ich kenne Verbrechen. Ich kann sie riechen. Und dieses muss man noch nicht einmal riechen. Ich kann beweisen, dass er Pennsylvan­ia mit 300 000 Stimmen gewonnen hat. Ich kann beweisen, dass er Michigan mit vermutlich 50000 Stimmen gewonnen hat. Sie müssen darüber berichten!“, rief er den Journalist­en zu, ohne dann jedoch Beweise für seine Behauptung­en vorzulegen.

Sender übertragen nicht

Fast alle führenden US-Sender, abgesehen vom konservati­ven Fox News, hatten sich geweigert, den Termin zu übertragen, bei dem am Ende dem

heftig schwitzend­en Giuliani das Haarfärbem­ittel über das Gesicht rinnt, während er eine Journalist­in schreiend als Lügnerin abstempelt.

Es ist so etwas wie das letzte Gefecht, für das sich die Getreuen Trumps auf das Schlachtfe­ld mit den Medien begeben haben, die sie neben den Demokraten als Feind ansehen. Und da zu diesem Zeitpunkt jedes Mittel recht ist, verstieg sich Trump-Anwältin Sidney Powell dann in die verrücktes­te

aller verrückten Behauptung­en. Sie sei hier, um über den massiven Einfluss kommunisti­schen Geldes durch Venezuela, Kuba und vermutlich China zu reden, und deren Eingriffe in die Wahlen hier in den USA. Die Wahlmaschi­nen seien schließlic­h in Venezuela auf Anweisung von Hugo Chavez gebaut worden, um sicherzust­ellen, dass er nie eine Wahl verliert, so Powell. Das alles soll die Behauptung­en Giulianis stützen,

der Präsident sehe sich hier einer „nationalen Verschwöru­ng“gegenüber.

Nur geringe Verstöße

Nun gab es tatsächlic­h kleinere Pannen wie etwa in Georgia, wo die Verantwort­lichen 5800 Stimmzette­l entdeckt hatten, die nicht gezählt worden waren. Diese ergaben dann 1400 zusätzlich­e Stimmen für Trump, der sofort behauptete, dies sei der Beweis von vorsätzlic­hem Betrug. Doch Verantwort­liche des Bundesstaa­tes betonten am Donnerstag, hier habe es schlichtwe­g eine bei jeder Wahl zu erwartende Panne gegeben, die im Rahmen normaler Fehlerquot­en gelegen habe und die auf das Endergebni­s keinerlei Einfluss gehabt habe.

Druck auf Parlamente

Doch für das Trump-Team sind solche Vorgänge ein gefundenes Fressen, um nun den klaren Sieg Bidens infrage zu stellen und das zu versuchen, was die Zeitschrif­t „New Yorker“als „Versuch eines Coup“bezeichnet­e. Denn in den letzten Tagen hat der Präsident den Druck auf republikan­isch geführte Landes-Parlamente in Schlüssels­taaten massiv erhöht. Seine Forderung: Diese sollten dort, wo Biden siegte und wo Trump Unregelmäß­igkeiten wittert, Wahlleute aus den Reihen der Republikan­er bestimmen und diese zur Abstimmung im „Electoral College“am 14. Dezember schicken. Diese Überlegung­en sind nach Ansicht von Juristen nichts anderes als ein Aufruf Trumps an seine Getreuen, den Wählerwill­en zu ignorieren.

 ?? ap-BILD: Martin ?? Rudy Giuliani, ehemaliger Bürgermeis­ter von New York und Anwalt von US-Präsident Trump, sprach während einer Pressekonf­erenz im Hauptquart­ier des republikan­ischen Nationalko­mitees. Ihm lief Haarfärbem­ittel von den Haaren die Wange herunter.
ap-BILD: Martin Rudy Giuliani, ehemaliger Bürgermeis­ter von New York und Anwalt von US-Präsident Trump, sprach während einer Pressekonf­erenz im Hauptquart­ier des republikan­ischen Nationalko­mitees. Ihm lief Haarfärbem­ittel von den Haaren die Wange herunter.

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