Wo Corona am schlimmsten wütet
So sieht es in anderen Ländern aus – Die Maßnahmen reichen von locker bis sehr streng
Brüssel – Die zweite CoronaWelle erfasst Deutschland immer heftiger: Am Freitag meldete das Robert Koch-Institut (RKI) einen neuen Tagesrekord mit 23 649 Neuinfektionen. Doch im Europa-Vergleich stehen wir immer noch sehr gut da. Ein Überblick:
■ Tapferes Frankreich
Das Land hat in Europa den traurigen Spitzenplatz noch vor Spanien und Italien: Mit mehr als zwei Millionen Infektionen und rund 47 000 Todesfällen (mehr als dreimal so viele wie in Deutschland) ist kein Land so getroffen. Die Regierung hat deshalb einen der härtesten Lockdowns Europas verhängt – und demonstriert, wie gut rigide Maßnahmen wirken. Die Wohnung darf nur für dringende Angelegenheiten verlassen werden, es herrscht Maskenpflicht – oft auch im Freien, die meisten Geschäfte, Restaurants und Kultureinrichtungen sind geschlossen. Die Berichte von überfüllten Kliniken und voll belegten Intensivstationen haben die Bürger beeindruckt – sie ziehen mit: Die Infektionszahlen haben sich binnen knapp zwei Wochen halbiert. Auch in Belgien und den Niederlanden haben strenge Verbote rasch Erfolge gezeigt.
■ Reumütiges Schweden
Bis vor wenigen Wochen glaubte die Regierung in Schweden, ihr Corona-Sonderweg mit relativ lockeren Maßnahmen werde das Land vor einer zweiten Welle verschonen. Irrtum. Jetzt liegt die Rate der Neuinfektionen über der von Deutschland. Denn während sich die Schweden im Frühjahr an Ratschläge hielten, was einen verbindlichen Lockdown entbehrlich machte – aber trotzdem relativ viele alte Corona-Patienten das Leben kostete –, sind die Bürger der Sache jetzt überdrüssig. Deshalb leitet die Regierung die Wende ein, auch mit Verboten. Ab nächstem Dienstag gilt eine Obergrenze von acht Personen für Treffen in der Öffentlichkeit. In vielen Regionen sollen die Bürger Kontakt mit Menschen aus anderen Haushalten meiden, auf private Feiern und möglichst Fahrten mit Bus und Bahn verzichten, auch Schulschließungen werden erwogen. Seit Freitag dürfen Gaststätten ab 22 Uhr keinen Alkohol mehr verkaufen.
■ Luxemburg/Österreich
Das Land ist eines der kleinsten EU-Länder, doch bei der Infektionsrate ist es mit 1209 Fällen pro 100 000 Einwohner binnen zwei Wochen europaweit Spitze, dicht gefolgt von Österreich. Während Österreich mit einem Lockdown reagiert, ist man in Luxemburg eher entspannt. Außer einer Ausgangssperre ab 23 Uhr, Maskenpflicht und einer Zehn-Personen-Grenze für Treffen zu Hause und in der Öffentlichkeit läuft das Leben ungestört weiter – Restaurants und Geschäfte sind voll.
■ Polen
Die erste Corona-Welle hat Polen relativ glimpflich überstanden, doch nun schlägt die Pandemie umso härter zu: Die Zahl der Neuinfektionen ist höher als bei uns, bei halb so vielen Einwohnern; über 600 Todesfälle werden täglich gezählt, mehr als doppelt so viele wie in Deutschland. Mehrere Regionen bitten nun bei deutschen Bundesländern um Hilfe: Es fehlt an medizinischer Ausrüstung und Tests, Krankenhausbetten werden demnächst knapp. Seit Anfang November gelten drastische Einschränkungen: Über 70Jährige dürfen nur zu dringenden Anlässen die Wohnung verlassen, private Feiern sind untersagt, Schüler lernen nur noch zu Hause, Restaurants sind geschlossen. Die Neuinfektionen gehen zwar zurück, aber die Lage bleibt wegen fehlender Ressourcen im Gesundheitswesen dramatisch.