Der Corona-Unterricht im Praxis-Check
Wie kommen die Regeln der Politik im Alltag von Schülern und Lehrern an?
Hannover – Ob die Sorge vor Corona-Infektionen, die Kritik am Lüften oder das Distanzlernen von zu Hause – die Schulpolitik führt in der CoronaKrise zu besonders hitzigen Diskussionen. Vier der Streitpunkte im Überblick:
Schulen als Infektionstreiber
■ Das sagt die Regierung: „Die Schulen sind keine Orte der Infektionsverbreitung“, betont Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD). Das Ministerium hat für das neue Schuljahr bis Mitte November 1900 positive Corona-Tests bei Schülern erfasst. Dazu kamen laut Corona-Meldeportal der Landesschulbehörde 334 Corona-Nachweise bei Lehrern und 167 bei weiteren Beschäftigten.
In Relation zu den landesweit 1,1 Millionen Menschen an Schulen sieht sich das Ministerium in seiner Auffassung bestätigt. Für die Verbreitung des Virus seien vor allem Aktivitäten außerhalb des Schulbetriebs verantwortlich.
■ Das sagen die Betroffenen: „Die Sorge bei den Kollegen, sich anzustecken, ist sehr groß“, sagt der Landeschef des Lehrerverbands VNL/VDR, Torsten Neumann. Unter den Schülern selbst ist die Sorge dagegen nicht allzu groß, sagt der Vorsitzende des Landesschülerrats, Florian Reetz. Ein „gewisses Unwohlsein“gebe es aber sehr wohl – gerade auf dem Schulweg, wenn manche Schüler in Bus und Bahn eng zusammensitzen müssten.
Präsenzunterricht in den Schulen
■ Das sagt die Regierung: Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) erklärte vor wenigen Tagen, die Schulen dieses Mal so lange wie möglich offen zu halten, sei im Interesse der Schüler und entlaste auch die Familien.
Landesweit gab es zuletzt an 638 der 3000 Schulen Einschränkungen, zwölf Schulen waren geschlossen.
■ Das sagen die Betroffenen: „Viele Schüler freuen sich, dass wir im Präsenzunterricht bleiben“, sagt Reetz. Allerdings gebe es auch Stimmen, die sich das Wechselmodell zwischen Präsenz- und Distanzunterricht wünschten. Das gelte auch für viele Lehrer, sagt Neumann. Aktuell wünschten sich viele zumindest bis zu den Weihnachtsferien das Wechselmodell, denn das bedeute kleinere Klassen, Unterricht ohne Masken und einen ruhigeren Ablauf.
Ein Gymnasiallehrer aus der Region Hannover berichtete zudem vor einigen Tagen von Unstimmigkeiten bei den Quarantänebescheiden der Gesundheitsämter. Diese erschwerten die Entscheidung für oder gegen den Präsenzunterricht. In einer E-Mail an seine Schüler beschrieb er die chaotischen Verhältnisse: Entweder erhielten Betroffene gar keinen Bescheid oder die Dauer der Quarantäne sei unklar.
Digitaler Unterricht auf Distanz
■ Das sagt die Regierung: Die Bandbreite der Rückmeldungen aus den Schulen sei im ersten Corona-Halbjahr groß gewesen, heißt es aus dem Kultusministerium: Von „hat gut geklappt“bis „das war nichts“war alles dabei. „An vielen Schulen werden bereits sehr gute Konzepte für das Distanzlernen gefahren, an anderen steckt das noch in den Kinderschuhen“, sagt ein Ministeriumssprecher. Insgezusätzlich samt gebe es schon Fortschritte, es gehe aber auch darum, nach der Pandemie weiter an Verbesserungen zu arbeiten.
■ Das sagen die Betroffenen:
Im Vergleich zur ersten Corona-Welle im Frühjahr könnten die Lehrer mittlerweile besser mit dem Distanzunterricht umgehen, sagt Neumann. Ein Problem sei aber weiterhin, dass viele Schüler zu Hause keine geeigneten Geräte oder keinen Internetzugang hätten.
Regelmäßiges Lüften in den Klassenräumen
■ Das sagt die Regierung: Das regelmäßige Lüften sei eine der wirksamsten Methoden, um das Virus einzudämmen, heißt es. Das Land wolle Geld, unter anderem für Raumlüfter, zur Verfügung stellen.
■ Das sagen die Betroffenen:
Beim kurzen Lüften sei der Temperaturabfall nicht allzu groß, sagt Reetz. Wärmer anziehen müsse man sich aber schon. Es gebe außerdem Lehrer, die auf das Lüften verzichteten oder die Fenster ganz offen ließen.
Darüber hinaus forderten Eltern zuletzt weitergehende Maßnahmen wie Plexiglaswände in den Klassenräumen.