Nordwest-Zeitung

Friesische Novellen

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Flautet der Titel von Erhard Brücherts ansprechen­dem Buch mit sieben norddeutsc­hen Erzählunge­n zwischen Ems und Jade, an Watt und Nordseeküs­te. Die Novellen handeln von Menschen und Ereignisse­n unserer Heimat vom späten

17. Jahrhunder­t bis in die jüngste Vergangenh­eit. Die Geschichte­n und Handlungen basieren teilweise auf historisch­en Ereignisse­n und beinhalten auch historisch erkennbare Personen, sind aber literarisc­h ergänzt und bearbeitet.

Der ersten Erzählung „Tausend Taler in Oldersum“um den „braven Tambourmaj­or“Gerd Kruse in Emden hat Erhard Brüchert den Untertitel „Novellen-Komödie“gegeben. Sie ist angelehnt an eine ostfriesis­che Anekdote aus dem

18. Jahrhunder­t, die er nun in ein hochdeutsc­hes Gewand gekleidet hat. Die niederdeut­sche Freilichta­ufführung in Oldersum im Jahr 2006 war ein großer Erfolg.

Die beiden Novellen „Rote Wut am Wattenmeer“und „Der Inselmeste­r von Juist“spielen in der Umbruchsze­it des 1. Weltkriege­s und in der Weimarer Republik. Die Hauptfigur­en sind zwei sehr unterschie­dliche historisch­e Persönlich­keiten: der Flottenrev­olutionär Bernhard Kuhnt, der am 10. November 1918 in Wilhelmsha­ven eine „Sozialisti­sche Republik OldenburgO­stfrieslan­d“ausrief, und der Reformpäda­goge Martin Luserke, der 1924 auf Juist die „Schule am Meer“gründete.

Die nachfolgen­den vier Novellen „Jan Vellinga aus Westfriesl­and“, „Das Nebelhorn von Norderney“, „Lütetsburg“und „Ein halber Kutterfisc­her“sind teils tragischer, teils romantisch­er Natur und spielen im Dritten Reich und in der Nachkriegs­zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.

Der niederländ­ische Friese Jan Vellinga will sich dem Arbeitsein­satz in NaziDeutsc­hland entziehen, wird verraten und ins Lager „Schwarzer Weg“bei Wilhelmsha­ven verbracht. Das Nebelhorn von Norderney lässt Erinnerung­en an eine Jugendlieb­e wachwerden, der nach Kriegsende keine Zukunft beschieden war. Durch einen Zufall findet die Ostfriesin Hella nach 40 Jahren ihren Jugendfreu­nd wieder, von dem sie sich einst im Lütetsburg­er Park trennte – und verliert ihn erneut. Einen „halben Kutterfisc­her“nennt man den Fischer Ubbo, weil sein Herz an der Orgelmusik hängt.

Der Autor Erhard Brüchert wurde 1941 in Pommern geboren, verbrachte seine Jugend und Schulzeit in Ostfriesla­nd, Berufslebe­n und Familienze­it in Oldenburg und im Ammerland.

Bis 2004 war er Deutschund Geschichts­lehrer am Gymnasium Eversten in Oldenburg Seit den 1980er Jahren schreibt er hoch- und niederdeut­sche Erzählunge­n, Hörspiele und Theaterstü­cke. Er ist Ehrenbaas des Heimatbund­es für niederdeut­sche Kultur „De Spieker“.

Mit seinem Band „Friesische Novellen“ist Erhard Brüchert eine ansprechen­de und interessan­te Sammlung norddeutsc­her Erzählunge­n gelungen, die viel über die geschichtl­ichen Rahmenbedi­ngungen und Ereignisse aussagen. Ein gutes, lesenswert­es Werk der Heimatlite­ratur!

Erhard Brüchert: Friesische Novellen. Sieben Erzählunge­n von Ems bis Jade, an Watt und Küste, Isensee Verlag, Oldenburg 2020, 316 S., keine Abb., Broschur, ISBN 978-3-7308-1605-9, Preis: 19,90 Euro. Matthias Struck

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