Nordwest-Zeitung

Demo ohne großen Krawall

Aber Auftritt einer Rednerin als ernannte „Sophie Scholl“sorgt für Aufsehen

- Von Jan Petermann

Hannover/Leipzig – Die Querdenken-Demonstrat­ion und die Gegenkundg­ebung des Bündnisses „Auf die Plätze“am Samstag in Hannover sind nach Angaben der Polizei ohne größere Zwischenfä­lle zu Ende gegangen. Die Veranstalt­ungen seien „insgesamt gut verlaufen“, sagte ein Sprecher der Polizei am Sonntag. Zur Demonstrat­ion der Initiative „Querdenken 511“auf dem Opernplatz hätten sich rund 650 Menschen versammelt.

Gegen die Querdenken-Demo hätten auf dem benachbart­en Georgsplat­z gut 200 Menschen protestier­t, berichtete der Sprecher. Zu einem weiteren nicht angemeldet­en Protest hätten sich auf der Georgstraß­e etwa 120 Menschen versammelt.

Dagegen war in Leipzig am Samstag die „Querdenken“-Demonstrat­ion kurzfristi­g untersagt worden, weil der Versammlun­gsanmelder ein unvollstän­diges Attest zur Maskenbefr­eiung vorgelegt hatte. Es kamen dennoch nach Angaben der Polizei rund 500 Gegner der Corona-Eindämmung­smaßnahmen zusammen. Zugleich demonstrie­rten rund 1000 Menschen für einen verantwort­lichen Umgang mit der Pandemie.

Vorfall in Hannover

Unterdesse­n hat im Rahmen der „Querdenken“-Demonstrat­ion in Hannover eine Rednerin mit einem Auftritt als selbst ernannte „Sophie Scholl“heftige Reaktionen im Netz ausgelöst. Auf einem Video, das bei Twitter bis zum Sonntagmor­gen über eine Million Mal angeklickt und mehrere Tausend Male kommentier­t wurde, ist eine junge Frau zu sehen, die auf einer kleinen Bühne in der Nähe der Oper zum Publikum spricht. „Ich fühle mich wie Sophie Scholl, da ich seit Monaten hier aktiv im Widerstand bin, Reden halte, auf Demos gehe, Flyer verteile und auch seit gestern Versammlun­gen anmelde“, sagt sie – und vergleicht sich dabei mit der von den Nazis hingericht­eten Widerstand­skämpferin.

Nach wenigen Sätzen taucht ein junger Mann vor der Bühne auf. „Für so einen Schwachsin­n mache ich doch keinen Ordner mehr“, protestier­t er. Es handele sich um eine „Verharmlos­ung vom Holocaust“, die „mehr als peinlich“sei. Die Rednerin entgegnet: „Ich habe doch gar nichts gesagt.“Dann beginnt sie zu weinen und wirft ihr Mikrofon weg. Polizisten erscheinen und geleiten den Mann von der Bühne weg.

Reaktionen im Netz

Zahlreiche Twitter-Nutzer markierten das Video mit „Gefällt mir“, während des Auftritts der Frau ist vereinzelt Applaus zu hören. Doch in den Kommentars­palten finden sich auch Empörung und Ablehnung: Die Parallelen zu Sophie Scholl seien verantwort­ungslos, die Gleichsetz­ung mit dem Mitglied der studentisc­hen Widerstand­sgruppe „Weiße Rose“zur NS-Zeit sei beschämend. Der junge Mann bekommt dagegen Zuspruch. Ein Nutzer etwa schrieb: „Respekt für den Ex-Ordner, der die Verhöhnung der realen Holocaust-Opfer erkannte und sich dagegen stellte.“

In einem Bericht tauchten derweil Zweifel auf, ob es sich bei dem Mann wirklich um einen Ordner handelte. Nach Informatio­nen der „Hannoversc­hen Allgemeine­n Zeitung“soll er zur örtlichen linken Szene gehören, bei vielen anderen Demonstrat­ionen in Erscheinun­g getreten sein und seine Gegenaktio­n zu dem „Sophie-Scholl“-Auftritt inszeniert haben.

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Dpa-BILD: Dittrich Hunderte Menschen demonstrie­rten am Samstag in Hannover gegen die Corona-Maßnahmen.

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