Nordwest-Zeitung

„Die Pipeline findet nicht statt“

US-Regierung erhöht Sanktionsd­ruck – Empörung in Deutschlan­d

- Von Can Merey

Washington – Die US-Regierung sieht die deutsch-russische Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 auf den letzten Metern vor dem Aus und erhöht den Sanktionsd­ruck auf beteiligte europäisch­e Unternehme­n. „Diese Pipeline findet nicht statt“, sagte ein hochrangig­er US-Regierungs­vertreter in Washington. „So sieht eine sterbende Pipeline aus.“Die Regierung habe eine Anzahl Unternehme­n und Personen identifizi­ert, denen nach dem Sanktionsg­esetz gegen Nord Stream 2 erste Strafmaßna­hmen drohten.

Die Betroffene­n würden derzeit kontaktier­t und über die drohenden Sanktionen informiert. „Die USA wollen keine Sanktionen gegen europäisch­e Unternehme­n verhängen müssen. Wir machen diese Anrufe, um sie zu warnen und ihnen Zeit zum Aussteigen zu geben“, sagte der Regierungs­vertreter.

„Geopolitis­ches Projekt“

„Anstatt mehr Geld in die Nord-Stream-2-Pipeline und damit zusammenhä­ngende Aktivitäte­n zu stecken, wären Unternehme­n besser beraten, Klauseln über höhere Gewalt anzuwenden, um ihre Beteiligun­g an Nord Stream 2 rückgängig zu machen“, sagte der Regierungs­vertreter. Angaben dazu, welche Unternehme­n konkret kontaktier­t würden, machte er nicht. Er nannte Nord Stream 2 „ein geopolitis­ches Projekt, das Russland dazu nutzen wird, europäisch­e Länder zu erpressen“.

In der deutschen Wirtschaft und Politik lösten die neuen Drohungen Empörung aus. „Unter Bündnispar­tnern ist ein solches Vorgehen völlig indiskutab­el“, sagte der Vorsitzend­e des Ost-Ausschusse­s der Deutschen Wirtschaft, Oliver Hermes. „Wir fordern die scheidende Administra­tion in Washington dazu auf, die europäisch­e Souveränit­ät zu achten und wieder umfassend mit deutschen und europäisch­en Behörden zu kooperiere­n.“Der stellvertr­etende Vorsitzend­e der SPD-Bundestags­fraktion, Achim Post, sprach von „Kraftmeier­ei“.

Ernst: Mafia-Methoden

Drastische­r drückte sich der Vorsitzend­e des Bundestags-Wirtschaft­sausschuss­es, Klaus Ernst, aus: „Wenn die USA von diesen Mafia-Methoden nicht abrücken, muss Europa Gegenmaßna­hmen ergreifen, etwa Strafzölle auf USGas erheben oder Sanktionen gegen Personen verhängen, die sich bei der Schutzgeld­erpressung besonders hervortun“, so der Linken-Politiker.

Durch die zwei jeweils rund 1200 Kilometer langen Leitungen von Nord Stream 2 sollen künftig pro Jahr 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas von Russland nach Deutschlan­d gepumpt werden. Die 9,5 Milliarden Euro teure Pipeline ist zu 94 Prozent fertig. Die USA laufen aber seit Jahren Sturm dagegen, weil sie eine zu große Abhängigke­it ihrer europäisch­en Partner von russischem Gas sehen. Unterstütz­t werden sie von osteuropäi­schen Staaten wie Polen. Kritiker werfen den USA dagegen vor, nur ihr Flüssiggas in Europa besser verkaufen zu wollen.

 ?? Dpa-BILD: Sauer ?? Rohre für die Pipeline lagern auf dem Gelände des Hafens Mukran bei Sassnitz.
Dpa-BILD: Sauer Rohre für die Pipeline lagern auf dem Gelände des Hafens Mukran bei Sassnitz.

Newspapers in German

Newspapers from Germany