Europa muss sich wehren
Dass die Trump-Regierung bei der Durchsetzung ihrer Interessen in den vergangenen vier Jahren nicht zimperlich war, hat sie mehrfach bewiesen. Strafzölle, Erpressungen, Drohungen – das Repertoire war oft hart und vielseitig. Doch diese Muskelspiele fanden bisher zumindest offiziell vor allem zwischen den Regierungen statt. Seit diesem Wochenende jedoch hat sich die Lage nochmals verschärft. Mit direkten Ansprachen gegen einzelne Firmen, die am Nord-Stream2-Projekt beteiligt sind, ist eine Dimension erreicht, die nicht mehr zu tolerieren ist.
Natürlich lässt sich trefflich über den Bau der Gaspipeline durch die Ostsee streiten. Vor allem nach der Attacke gegen den russischen Oppositionellen Nawalny fällt es schwer, an dem Projekt mit Russland festzuhalten. Doch dass Privatfirmen nun für die politische Entscheidung, die Pipeline zu bauen, bluten sollen, darf nicht akzeptiert werden.
Jetzt ist in Europa Zusammenhalt gefragt – trotz der Tatsache, dass es auch von den EU-Partnern Kritik an der Pipeline gibt. Sollte Europa einknicken, dann würde man sich zum Spielball amerikanischer Wirtschaftsinteressen machen. So weit darf es nicht kommen. Denn die vergangenen vier Jahre dürften allen politisch Verantwortlichen in Europa deutlich gemacht haben, dass die Unterstützung durch die USA nicht gottgegeben ist. Deshalb muss Europa selbstständiger und auch selbstbewusster werden – ohne dabei die Freundschaft mit den USA infrage zu stellen.
@ Den Autor erreichen Sie unter Groeblinghoff@infoautor.de