Kriminelle Clans immer stärker
Niedersachsens Polizei ermittelt im Vorjahr 65 Verdächtige
Hannover – Die Zahl der Verfahren im Bereich der Organisierten Kriminalität (OK) ist von 58 auf 64 gestiegen. Allein in 52 Fällen ermittelte Niedersachsens Polizei, sagte Innenminister Boris Pistorius (SPD) am Montag in Hannover bei der Vorstellung des Lagebildes 2019. In zwölf Fällen hatten Zoll und Bundespolizei die Regie. 478 Tatverdächtige aus 34 Staaten waren im Visier. Der Gesamtschaden durch OK lag bei gut 32 Millionen Euro (2018: 26,9 Mio. Euro).
Die geschätzten kriminellen Erträge betrugen etwa 16 Mio. Euro (2018: 32,4 Mio. Euro). In 23 Verfahren seien gerichtliche Einziehungsentscheidungen im Volumen von 5,78 Mio. Euro ergangen (2018: 1,82 Mio.), so Justizministerin Barbara Havliza (CDU). 2019 haben die Staatsanwaltschaften über insgesamt 96 laufende Ermittlungsverfahren berichtet. Vor Gericht wurden 32 Strafverfahren abgeschlossen, in denen 81 Angeklagte verurteilt worden sind.
Die Schwerpunkte sind:
■ Drogen-Kriminalität
Mit 29 Verfahren hatte die Rauschgiftkriminalität 2019 den höchsten Anteil an OKmachten
Verfahren. Insgesamt wurde gegen 229 Tatverdächtige ermittelt, so Landespolizeipräsident Axel Brockmann. Der steigende Trend bei Verstößen mit Amphetamin und seinen Derivaten sowie Kokain/Crack und Cannabis-Produkten halte an; Heroin verliere an Bedeutung. Allein sechs riesige Hanf-Indoor-Plantagen wurden ausgehoben. Der Gesamtertrag lag bei 3,6 Mio. Euro.
■ Eigentumsdelikte
Beispiele für Eigentumskriminalität sind die Sprengung von
Geld- oder Fahrkartenautomaten sowie das Aufschlitzen von Lkw-Planen, um die Ladungen zu stehlen. Die Zahl der Verfahren stieg von neun auf 15 im Jahr 2019 an; die Zahl der Tatverdächtigen stieg von 98 auf 121. Der Gesamtschaden betrug 21,36 Mio. Euro.
■ Clan-Kriminalität
Die Zahl der Tatverdächtigen, die in kriminelle Clanstrukturen eingebunden sind, stieg auf 65 (2018: 25). Zehn Verfahren wurden geführt (2018: vier). Die mutmaßlichen Täter
Beute im Wert von 18,5 Mio. Euro. Die Justiz „sicherte“Werte von 16,3 Mio. Euro, meistens Rauschgift.
■ Rocker-Milieu
Zwar liefen 2019 lediglich drei Verfahren gegen 21 Tatverdächtige (2018: 50). Die Szene sei aber auf mehr als 900 Personen angewachsen und agiere „immer weniger abgeschottet“, berichtete Brockmann.
■ Trends
Die Strafverfahren dauern wegen des hohen Aufwands immer länger, sagte Thomas Hackner, Abteilungsleiter Strafrecht im Justizministerium. Ein Beispiel: Vor dem Landgericht Oldenburg waren sechs Personen wegen schwerer Drogendelikte angeklagt. Die Verhandlungsdauer lag bei 72 Tagen. An jedem Prozesstag mussten die Angeklagten aus verschiedenen Gefängnissen zum Gericht transportiert werden. 87 Beweisanträge wurden behandelt.
Um den technisch bestens ausgestatteten Banden auf die Spur zu kommen, wollen Havliza und Pistorius eine rechtssichere Datenspeicherung. In Kürze entscheide der Europäische Gerichtshof. „Das Netz darf kein rechtsfreier Raum sein“, sagte der Innenminister.