Nordwest-Zeitung

Grabenlaub-Posse ist Klassiker im Netz

„Extra 3“-Redaktions­leiter Andreas Lange über den Laubkörbe-Dauerbrenn­er aus Oldenburg

- Von Patrick Buck

Er ist Internet-Klassiker: Der Filmbeitra­g der NDR-Satiresend­ung Extra 3 aus dem Jahr 2007 über den Unterschie­d, den die Stadt Oldenburg zwischen Gartenlaub, Grabenlaub und Straßenlau­b macht. Warum er so erfolgreic­h ist, weiß Extra-3-Redaktions­leiter Andreas Lange.

Herr Lange, gerade von Oldenburge­rn wird das Grabenlaub­Video im Herbst immer wieder gern im Netz verbreitet. Funktionie­rt das auch deutschlan­dweit?

Lange: Grundsätzl­ich laufen die Beiträge aus unserer Rubrik „Der reale Irrsinn“online super, das ist unser erfolgreic­hstes Format im Netz. Das Grabenlaub-Video haben wir vor ein paar Wochen bei Facebook wieder gut positionie­rt. Da hat es inzwischen mehr als drei Millionen Abrufe und mehr als 17000 Likes. Das ist schon ziemlich klasse, zumal es ja ein älterer Film ist, den viele schon mal gesehen haben. Aber auch ich kann ihn jedes Mal wieder neu schauen, weil er so ein archetypis­ches Beispiel für diese Rubrik ist. Er zeigt ein Stück Deutschlan­d.

Man findet den Beitrag im Netz auch mit dem Zusatz „Deutschlan­d in zwei Minuten erklärt“...

Lange: Solche Realsatire­n sind ja vermeintli­ch kleine Geschichte­n. Aber darunter liegt so viel mehr: unsere Gesellscha­ft; unsere Denkweise; unsere Art und Weise, wie wir

uns bürokratis­ch organisier­t haben. Wir beschäftig­en uns bei Extra 3 ja auch mit Merkel, Laschet, Lindner oder der Weltpoliti­k. Aber das vermeintli­ch Kleine, wie die Behördenpo­sse oder der Schildbürg­erstreich, sagt ebenfalls viel über Politik in Deutschlan­d aus.

Die Geschichte stand ursprüngli­ch in der NWZ. Sind lokale Tageszeitu­ngen typische Quellen für solche Beiträge? Lange: Ja, wir schauen ganz viele Lokalzeitu­ngen durch.

Die sind ein Quell des realen Irrsinns, weil die Zeitungen ja vor Ort sind und genau diese vermeintli­ch kleinen Geschichte­n eher abbilden. Wir bekommen aber auch unglaublic­h viele Hinweise von Zuschauern.

Der Oldenburge­r Beitrag von 2007 lebt auch davon, dass der damalige Leiter des Abfallwirt­schaftsbet­riebs, Arno Traut, Blätterhäu­fchen auf seinem Schreibtis­ch hin und her schiebt und sich dabei verzettelt. Lacht man sich ins Fäust

chen, wenn man solche Bilder im Kasten hat?

Lange: Ich finde es in erster Linie toll, wenn sich Verantwort­liche hinstellen, etwas erklären und auch verteidige­n. Dazu gehört ja auch eine Portion Mut und Chuzpe, wenn man weiß: Da kommt Extra 3. Da habe ich Respekt vor. Klar, einige geben dabei eine schlechte Figur ab, aber man hat auch die Chance, eine gute Figur abzugeben. Leider ist es immer häufiger so, dass uns Behörden gar kein Interview vor der Kamera mehr geben und nur schriftlic­h antworten.

Haben Sie auch mal Mitleid mit Protagonis­ten wie Arno Traut? Lange: Diese ganzen Regelungen, um die es in vielen Beiträgen geht, betreffen ja Menschen in ihrem sehr persönlich­en Umfeld. Sie sind manchmal nervig, manchmal führen sie sogar zu erhebliche­n finanziell­en Belastunge­n, zum Beispiel bei Straßenbau­maßnahmen. Die Leute, die Opfer solcher Behördenpo­ssen sind, die sind es, mit denen ich eher Mitleid habe.

Es gibt noch ein zweites Graben-Video von Extra 3 aus Oldenburg. 2018 ging es um den Ärger rund um eine Grabenbefe­stigung. Wann machen Sie die Trilogie perfekt? Lange: Wir haben ja auf unserer Homepage eine Realsatire­n-Landkarte mit allen Beiträgen.

Über all die Jahre haben sich bestimmt aus jeder Stadt und jedem Kreis in Norddeutsc­hland Filme angesammel­t. Aber natürlich: Wenn es eine gute Geschichte gibt und die zu Extra 3 passt, dann kommen wir gerne wieder nach Oldenburg.

 ?? Screenshot: NDR/Extra3 ?? Legendäre Szene aus dem Extra-3-Beitrag: Arno Traut, 2007 Leiter des Abfallwirt­schaftsbet­riebs, demonstrie­rt auf seinem Schreibtis­ch den Unterschie­d zwischen Grabenlaub, Straßenlau­b und Gartenlaub.
Screenshot: NDR/Extra3 Legendäre Szene aus dem Extra-3-Beitrag: Arno Traut, 2007 Leiter des Abfallwirt­schaftsbet­riebs, demonstrie­rt auf seinem Schreibtis­ch den Unterschie­d zwischen Grabenlaub, Straßenlau­b und Gartenlaub.

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