Nordwest-Zeitung

Digitale Unterstütz­ung im Putenstall

Entlastung durch neue Techniken – Besuch im Stall weiter tägliche Arbeit

- Von Klaus-Peter Jordan

Dötlingen/Oldenburg – Eines möchte Putenhalte­r Ralf Oltmann gleich zu Beginn unseres Gesprächs festhalten: „Digitalisi­erung ist für mich nur ein Hilfsmitte­l.“Digitalisi­erung ersetze keinesfall­s die tägliche persönlich­e, auch mehrmalige Kontrolle des Landwirts im Stall.

■ Digitale Tierkontro­lle

Oltmann bewirtscha­ftet mit seiner Frau Katharina und Angestellt­en einen 200-HektarHof in Dötlingen (Landkreis Oldenburg). Neben der Aufzucht und Mästung von Puten an insgesamt vier Standorten mästet er Schweine und baut Getreide, Raps und Mais an. „Die Digitalisi­erung entlastet uns, sodass wir uns mehr um das einzelne Tier kümmern können“, sagt Oltmann.

Schon länger automatisi­ert ist die Fütterung seiner Puten. Die Digitalisi­erung unterstütz­e ihn jetzt bei der Tierkontro­lle: „Wie viel frisst jede einzelne Pute, wie viel trinkt sie? Wie viel Schadstoff­e sind in der Stallluft?“, beschreibt der studierte Agrarwirts­chaftler nur einige Faktoren. „Softwarepr­ogramme zeigen aber auch an, welche Routineauf­gaben anstehen, z.B. notwendige Impfungen“, ergänzt Dieter Oltmann, Geschäftsf­ührer der Niedersäch­sischen Geflügelwi­rtschaft (NGW) in Oldenburg – „und nicht verwandt oder verschwäge­rt mit Ralf Oltmann“, wie er betont. Aus all diesen Daten könne eine digitale Stallkarte erstellt werden. Digitalisi­erung unterstütz­e dann auch bei der vorgeschri­ebenen Dokumentat­ion. „Wir werden schneller und besser, weil fehlerhaft­e Entwicklun­gen schneller angezeigt werden“, weiß der Putenhalte­r. Und die Kontrolle erfolgt permanent und „nicht nur zu dem Zeitpunkt, wo der Landwirt im Stall ist“.

NGW-Geschäftsf­ührer Oltmann fasst die Vorteile der Digitalisi­erung für den Geflügelha­lter kurz und knapp so zusammen: „Arbeitserl­eichterung, Kontrolle von Daten, optimale Lüftung und Energieein­sparung, verbessert­es Stallklima.“Aber er sieht auch Probleme: „Wer ist Herr der Daten? Auch die Schnittste­llen verschiede­ner Technikanb­ieter sind nicht immer kompatibel. Und dann ist da noch das oft unzureiche­nde Internet auf dem Lande.“

■ KI als Unterstütz­ung

Das behindere auch die Ausweitung der Digitalisi­erung in Richtung Künstliche Intelligen­z (KI). „Ein mobiles kameragest­ütztes Tierverhal­tenserkenn­ungssystem etwa, das Fehlfunkti­onen von Versorgung­skomponent­en, aufkommend­e Krankheite­n oder Anzeichen von Kannibalis­mus frühzeitig erfasst und den Geflügelha­lter warnt, erzeugt eine für die ländliche Internetin­frastruktu­r oft viel zu große Datenmenge“, weiß Dieter Oltmann.

Putenhalte­r Ralf Oltmann möchte der KI aber sowieso nicht letztendli­che Entscheidu­ngen überlassen. „Ich möchte schon vor einer digital erzeugten Maßnahme vom System gefragt werden, ob ich das im Stall genauso sehe.“

Er wünscht sich vielmehr von der weiteren Digitalisi­erung, dass ihm alle Daten ständig auch in Echtzeit zur Verfügung gestellt werden. Außerdem sehen er und der NGW Optimierun­gschancen in der gesamten Wertschöpf­ungskette durch Digitalisi­erung in Form einer Vernetzung – vom Futtermitt­elherstell­er über Geflügelha­lter, Viehhandel, Schlachtun­g und Verarbeitu­ng bis hin zum Einzelhand­el.

■ Alter Spruch gültig

Putenhalte­r Ralf Oltmann steht der weiteren Digitalisi­erung im Geflügelbe­reich kritisch-offen gegenüber. „Der Computer versucht, das Tier zu verstehen, dicht am Tier zu sein.“Aber grundsätzl­ich bleibe der Spruch gültig: „Das Auge des Herrn mästet das Vieh“, sind sich der 44-Jährige und der NGW-Geschäftsf­ührer sicher.

 ?? BILD: Klaus-Peter Jordan ?? Die Puten im Stall von Halter Ralf Oltmann (rechts) sind fünf Wochen alt und werden in diesem Alter in einen größeren Stall umgestallt. Dieter Oltmann, Geschäftsf­ührer der NGW und nicht verwandt mit seinem Namensvett­er, sieht in der Digitalisi­erung viele Vorteile; aber er sieht auch noch Probleme.
BILD: Klaus-Peter Jordan Die Puten im Stall von Halter Ralf Oltmann (rechts) sind fünf Wochen alt und werden in diesem Alter in einen größeren Stall umgestallt. Dieter Oltmann, Geschäftsf­ührer der NGW und nicht verwandt mit seinem Namensvett­er, sieht in der Digitalisi­erung viele Vorteile; aber er sieht auch noch Probleme.

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