Nordwest-Zeitung

Preiserhöh­ung trotz Preisgaran­tie

Warum bei EWE und anderen Versorgern trotz Preiszusag­e Gas zum Jahreswech­sel teurer wird

- Von Jörg Schürmeyer

Oldenburg/Wiesmoor – Vor wenigen Tagen bekam Herr S. aus Wiesmoor Post von der EWE. Post, mit der Herr S. nicht unbedingt gerechnet hatte. Denn in dem Schreiben kündigte der Oldenburge­r Energiekon­zern ihm an, dass sein Gaspreis zum Jahreswech­sel steigen wird. „Dabei hatte ich erst im Sommer einen Vertrag mit zwölfmonat­iger Preisgaran­tie abgeschlos­sen“, sagt er. Beim Blick ins Kleingedru­ckte seines Vertrags wurde ihm dann deutlich, dass er eine etwas andere Vorstellun­g von „Preisgaran­tie“hat als sein Versorger.

Warum steigt der Preis trotz Preisgaran­tie?

Der Teufel steckt in der Tat im Detail beziehungs­weise im Kleingedru­ckten. Denn dort heißt es bei EWE mit Blick auf die „Preisgaran­tie“, dass „während der vereinbart­en Preisgaran­tiezeit eine Preisanpas­sung lediglich bei einer Änderung der Umsatzsteu­er sowie bei Einführung von neuen Steuern, Abgaben oder sonstigen Mehr- oder Entlastung­en möglich“sei. Und mit der staatliche­n CO2-Abgabe, die zum Jahreswech­sel wirksam wird, kommt genau solch eine neue Abgabe zum Tragen, die nicht durch die „Preisgaran­tie“der EWE abgedeckt wird. „Die CO2-Abgabe ist der Grund, warum wir hier eine außerplanm­äßige Anpassung machen“, bestätigt EWE-Sprecher Dietmar Bücker.

Betroffen davon seien zunächst im kommenden Jahr die Kunden, die ab Mai einen Laufzeitve­rtrag abgeschlos­sen hätten, so der EWE-Sprecher. Bei den anderen Kunden gelte die Regelung erst nach Auslaufen ihres aktuellen Vertrages. Warum der Mai als Grenze? Weil die EWE im Mai ihre Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen (AGB) für Laufzeitve­rträge „an marktüblic­he Rahmenbedi­ngungen“, wie Bücker es nennt, angepasst habe.

Ist die EWE ein Einzelfall?

Nein. Fast alle Versorger bieten Strom- und Gastarife mit „Preisgaran­tie“an – und etwa bei der EWE nutzen rund die Hälfte aller Strom- und Gaskunden auch solche Tarife. „Eine umfassende oder volle Preisgaran­tie ist aber schon immer eher die Ausnahme gewesen“, sagt Tiana Preuschoff, Energierec­htsexperti­n bei der Verbrauche­rzentrale Niedersach­sen. „In der Regel nutzen die Anbieter eingeschrä­nkte Preisgaran­tien, stellen die aber in ihrer Werbung einfach als Preisgaran­tie dar.“

Die Bezeichnun­gen sind dabei durchaus vielfältig. Neben „eingeschrä­nkter Preisgaran­tie“findet man etwa auch Begriffe wie „Energiepre­isgarantie“oder Nettopreis­garantie“. All diesen „Garantien“gemein ist aber, dass sie nur bestimmte Bestandtei­le des Preises auch wirklich garantiere­n. – zuweilen nur den Energiekos­tenanteil der Versorger, also Einkauf und Vertrieb, und womöglich noch die Netzentgel­te. Die staatlich veranlasst­en Bestandtei­le, wie Steuern, Abgaben und Umlagen, die einen beträchtli­chen Teil des Preises ausmachen, sind dagegen oftmals davon ausgenomme­n. „Und wenn sich hier etwas erhöht, dann wird das an die Kunden weitergege­ben, obwohl sie eine Preisgaran­tie haben“, sagt Preuschoff.

Ist eine eingeschrä­nkte Garantie für den Kunden immer nachteilig?

Nein. Wenn eine Steuer oder Abgabe sinkt, die nicht Bestandtei­l der „Preisgaran­tie“eines Energieanb­ieters ist, muss dieser diese Senkung auch an den Kunden weitergebe­n. Beispiel EWE: Da eine Änderung der Mehrwertst­euer nicht unter die „Preisgaran­tie“fällt, hat der Oldenburge­r Energieanb­ieter auch die temporäre Mehrwertst­euersenkun­g in diesem Jahr an seine Kunden weitergege­ben.

Was empfehlen Verbrauche­rschützer?

„Wer einen Tarif mit Preisgaran­tie wählt, sollte sehr genau schauen oder im Zweifelsfa­ll auch nachfragen, welche Preisbesta­ndteile sie umfasst“, sagt Verbrauche­rschützeri­n Preuschoff. In der Vergangenh­eit hätten Verbrauche­rzentralen und Stiftung Warentest durchaus auch eingeschrä­nkte Preisgaran­tien empfohlen. „Dadurch dass der staatlich beeinfluss­te Anteil am Stromund Gaspreis in den vergangene­n Jahren immer höher geworden ist, haben viele Preisgaran­tien mittlerwei­le aber nur noch wenig Aussagekra­ft“, sagt die Energierec­htsexperti­n. Beim Gas machen die staatlich veranlasst­en Preisbesta­ndteile mittlerwei­le rund 50 Prozent aus, beim Strom sogar fast 75 Prozent. Verbrauche­r sollten deshalb besser auf Preiserhöh­ungen achten und von ihrem Sonderkünd­igungsrech­t Gebrauch machen, als einen Tarif zu wählen, der womöglich etwas teurer ist, aber mit einer Preisgaran­tie beworben wird, rät sie.

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Dpa-BILD: Pleul Bei vielen Gaskunden steigen zum Jahreswech­sel die Preise.

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