Preiserhöhung trotz Preisgarantie
Warum bei EWE und anderen Versorgern trotz Preiszusage Gas zum Jahreswechsel teurer wird
Oldenburg/Wiesmoor – Vor wenigen Tagen bekam Herr S. aus Wiesmoor Post von der EWE. Post, mit der Herr S. nicht unbedingt gerechnet hatte. Denn in dem Schreiben kündigte der Oldenburger Energiekonzern ihm an, dass sein Gaspreis zum Jahreswechsel steigen wird. „Dabei hatte ich erst im Sommer einen Vertrag mit zwölfmonatiger Preisgarantie abgeschlossen“, sagt er. Beim Blick ins Kleingedruckte seines Vertrags wurde ihm dann deutlich, dass er eine etwas andere Vorstellung von „Preisgarantie“hat als sein Versorger.
Warum steigt der Preis trotz Preisgarantie?
Der Teufel steckt in der Tat im Detail beziehungsweise im Kleingedruckten. Denn dort heißt es bei EWE mit Blick auf die „Preisgarantie“, dass „während der vereinbarten Preisgarantiezeit eine Preisanpassung lediglich bei einer Änderung der Umsatzsteuer sowie bei Einführung von neuen Steuern, Abgaben oder sonstigen Mehr- oder Entlastungen möglich“sei. Und mit der staatlichen CO2-Abgabe, die zum Jahreswechsel wirksam wird, kommt genau solch eine neue Abgabe zum Tragen, die nicht durch die „Preisgarantie“der EWE abgedeckt wird. „Die CO2-Abgabe ist der Grund, warum wir hier eine außerplanmäßige Anpassung machen“, bestätigt EWE-Sprecher Dietmar Bücker.
Betroffen davon seien zunächst im kommenden Jahr die Kunden, die ab Mai einen Laufzeitvertrag abgeschlossen hätten, so der EWE-Sprecher. Bei den anderen Kunden gelte die Regelung erst nach Auslaufen ihres aktuellen Vertrages. Warum der Mai als Grenze? Weil die EWE im Mai ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für Laufzeitverträge „an marktübliche Rahmenbedingungen“, wie Bücker es nennt, angepasst habe.
Ist die EWE ein Einzelfall?
Nein. Fast alle Versorger bieten Strom- und Gastarife mit „Preisgarantie“an – und etwa bei der EWE nutzen rund die Hälfte aller Strom- und Gaskunden auch solche Tarife. „Eine umfassende oder volle Preisgarantie ist aber schon immer eher die Ausnahme gewesen“, sagt Tiana Preuschoff, Energierechtsexpertin bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen. „In der Regel nutzen die Anbieter eingeschränkte Preisgarantien, stellen die aber in ihrer Werbung einfach als Preisgarantie dar.“
Die Bezeichnungen sind dabei durchaus vielfältig. Neben „eingeschränkter Preisgarantie“findet man etwa auch Begriffe wie „Energiepreisgarantie“oder Nettopreisgarantie“. All diesen „Garantien“gemein ist aber, dass sie nur bestimmte Bestandteile des Preises auch wirklich garantieren. – zuweilen nur den Energiekostenanteil der Versorger, also Einkauf und Vertrieb, und womöglich noch die Netzentgelte. Die staatlich veranlassten Bestandteile, wie Steuern, Abgaben und Umlagen, die einen beträchtlichen Teil des Preises ausmachen, sind dagegen oftmals davon ausgenommen. „Und wenn sich hier etwas erhöht, dann wird das an die Kunden weitergegeben, obwohl sie eine Preisgarantie haben“, sagt Preuschoff.
Ist eine eingeschränkte Garantie für den Kunden immer nachteilig?
Nein. Wenn eine Steuer oder Abgabe sinkt, die nicht Bestandteil der „Preisgarantie“eines Energieanbieters ist, muss dieser diese Senkung auch an den Kunden weitergeben. Beispiel EWE: Da eine Änderung der Mehrwertsteuer nicht unter die „Preisgarantie“fällt, hat der Oldenburger Energieanbieter auch die temporäre Mehrwertsteuersenkung in diesem Jahr an seine Kunden weitergegeben.
Was empfehlen Verbraucherschützer?
„Wer einen Tarif mit Preisgarantie wählt, sollte sehr genau schauen oder im Zweifelsfall auch nachfragen, welche Preisbestandteile sie umfasst“, sagt Verbraucherschützerin Preuschoff. In der Vergangenheit hätten Verbraucherzentralen und Stiftung Warentest durchaus auch eingeschränkte Preisgarantien empfohlen. „Dadurch dass der staatlich beeinflusste Anteil am Stromund Gaspreis in den vergangenen Jahren immer höher geworden ist, haben viele Preisgarantien mittlerweile aber nur noch wenig Aussagekraft“, sagt die Energierechtsexpertin. Beim Gas machen die staatlich veranlassten Preisbestandteile mittlerweile rund 50 Prozent aus, beim Strom sogar fast 75 Prozent. Verbraucher sollten deshalb besser auf Preiserhöhungen achten und von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen, als einen Tarif zu wählen, der womöglich etwas teurer ist, aber mit einer Preisgarantie beworben wird, rät sie.