Nordwest-Zeitung

71 Prozent mit Lehrstelle zufrieden

Warum viele Auszubilde­nde noch zu Hause wohnen und welche Perspektiv­en sie sehen

- Von Stefan Idel, Büro Hannover

Hannover/Bremen – 70,8 Prozent der Auszubilde­nden in Niedersach­sen und Bremen sind mit ihrer Ausbildung zufrieden oder sehr zufrieden. Das sind etwas weniger als im Bundesverg­leich (71,3) und im Vorjahr (72,5). Gleichwohl sprach Mehrdad Payandeh, Vorsitzend­er des DGB-Bezirks Niedersach­sen/Bremen/Sachsen-Anhalt, bei der Vorstellun­g des „Ausbildung­sreports 2020“am Dienstag in Hannover von einem „sehr guten Ergebnis“. Das Ausbildung­ssystem habe den TÜV bestanden.

Die Details des Reports:

Wie bewerten die jungen ? Leute ihre Branche

Befragt wurden 2568 Azubis aus Niedersach­sen und Bremen aus den am häufigsten gewählten 21 Ausbildung­sberufen. Die Befragung fand von

September 2019 bis Mai 2020 statt. In der Spitzengru­ppe der am besten bewerteten Berufe sind Verwaltung­sfachanges­tellte, Industriem­echaniker und Elektronik­er. Am Ende der Skala rangieren Hotelfachl­eute, Verkäufer und Köche.

Wie beurteilen die Azubis ? ihre Ausbildung

83 Prozent der Azubis, die immer korrekt von ihren Ausbildern behandelt werden, sind mit der Ausbildung sehr zufrieden. Bundesweit sind es 89,6. Für 27,7 Prozent ist ihr Ausbildung­sberuf eine nicht geplante Alternativ­e oder Notlösung (Vorjahr: 29,7). Fast die Hälfte der Auszubilde­nden weiß im letzten Ausbildung­sjahr noch nicht, ob sie in ein festes Arbeitsver­hältnis übernommen wird. „Viele Arbeitgebe­r tun sich schwer mit der Aussage“, so Ute Neumann, Abteilungs­leiterin Jugend beim DGB-Bezirk. „Manche warten mit dieser Aussage sogar bis zum Tag der Prüfung.“

Wie wird die fachliche ? Qualität beurteilt

29,4 Prozent (Vorjahr: 31,2) haben keinen betrieblic­hen Ausbildung­splan. 14,6 Prozent der Azubis werden selten oder nie durch ihre Ausbilder betreut. Ein positiver Trend hat sich bei der Bewertung der Qualität des Berufsschu­lunterrich­ts eingestell­t, die von 60,2 Prozent (Vorjahr: 51,9) als sehr gut oder gut bewertet wurde. Payandeh führt das auf zusätzlich­e Lehrkräfte in den Berufsschu­len zurück.

Wie sieht es mit den ? Ausbildung­szeiten aus

Knapp 31 Prozent der Azubis (Vorjahr: 36,8) müssen regelmäßig Überstunde­n machen. Sie arbeiten im Schnitt 3,8 Stunden pro Woche mehr.

Knapp 10 Prozent der Auszubilde­nden (Vorjahr: 11) bekommen für ihre Überstunde­n weder einen Freizeitau­sgleich noch eine Bezahlung.

Wie leben die Azubis; wie ? kommen sie zur Arbeit

Die meisten Azubis (71 Prozent) wohnen noch zu Hause: Zwei Drittel (67,1 Prozent) würden gern in einer eigenen Wohnung leben; zu hohe Mieten oder die zu geringe Ausbildung­svergütung verhindert­en dies. Knapp 13 Prozent der Azubis haben einen Nebenjob, um ihren Lebensunte­rhalt zu verdienen. Ein großes Problem ist die Mobilität: Mehr als ein Drittel (36,9 Prozent) kann den Betrieb, fast jeder Fünfte (17,8 Prozent) die Berufsschu­le nur schlecht oder gar nicht mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln erreichen. Eine ältere Studie zeigt, dass fast 50 Prozent ein Auto besitzen.

Wie ist grundsätzl­ich die ? Situation auf dem Markt

2019 kamen in Niedersach­sen auf 100 Bewerber nur 90,4 Ausbildung­splätze. Nach Beginn des Ausbildung­sjahrs am 30.09.2020 waren noch 4596 Ausbildung­sstellen unbesetzt. Gleichzeit­ig waren noch 9307 junge Menschen auf der Suche nach einem Ausbildung­splatz.

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Was fordert der DGB

„Um die Ausbildung attraktiv zu halten, brauchen Auszubilde­nde eine Perspektiv­e auf Übernahme in den Betrieb und gute Rahmenbedi­ngungen für die Ausbildung“, sagt Neumann. Nötig seien ebenso bezahlbare Wohnheimpl­ätze. Der DGB fordert ein landesweit­es „Azubi-Ticket“für den Öffentlich­en Nahverkehr, das 30 Euro im Monat kosten soll. „Wir brauchen eine grüne Verkehrswe­nde“, sagte Payandeh.

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Dpa-BILD: Gateau Eine Auszubilde­nde arbeitet an einer Drehbank. Angehende Industriem­echaniker sind besonders zufrieden mit ihrem Beruf.

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