So sieht der Alltag auf dem Atlantik aus
Boris Herrmann spricht über gefriergetrocknetes Müsli, Schiffsverkehr und Musikhören
Oldenburg – Etwa ein Fünftel der zu bewältigenden Strecke um die Erde hat Boris Herrmann (39) bei der Regatta Vendée Globe inzwischen zurückgelegt. Etwas mehr als zwei Wochen nach dem Start an der französischen Atlantikküste segelt der gebürtige Oldenburger nun durch den Südatlantik, um demnächst das Kap der Guten Hoffnung, die Südspitze Afrikas, zu passieren. Insgesamt hat er – nonstop und ohne fremde Hilfe annehmen zu dürfen – eine Strecke von etwa 24 300 Seemeilen (rund 45 000 Kilometer) zurückzulegen. Im Feld der 32 Teilnehmer belegt er derzeit den sechsten Platz.
Regelmäßige Kommunikation mit Herrmann ist möglich – in seinem Tagesablauf hat aber das Reagieren auf Wind und Wellen höchste Priorität. Telefonate zu verabredeten Zeiten wären technisch möglich, sind aber schwierig, wenn äußere Einflüsse dazwischenkommen. Nachdem unsere Redaktion ihm Fragen zugeschickt hatte, antwortete er – als die Umstände es zuließen – nun in Sprachnachrichten und berichtete „bei einer angenehmen Temperatur von 24 Grad Celsius“über den Alltag auf der Yacht „Seaexplorer“.
Das sagt Herrmann über... ■ die Ernährung: „Zum Frühstück gab es ein gefriergetrocknetes Müsli, einen Apfel und einen süßen Riegel“, berichtet der Profisegler. Im Laufe des Tages kämen dann zwei warme Mahlzeiten dazu – häufig ebenfalls gefriergetrocknete. Bei diesem Verfahren wurde den Gerichten zuvor das Wasser entzogen, das nun an Bord wieder zugefügt wird. Gefriergetrocknete Gerichte werden seit Jahrzehnten auch in der Raumfahrt verwendet. Trinkwasser hat Herrmann genug, das Boot verfügt über
eine Meerwasser-Entsalzungsanlage.
■ Verkehr auf dem Atlantik: „Das letzte Schiff, das ich gesehen habe, war das von Samantha Davies“, sagt Herrmann über die Britin, die inzwischen auf Rang zehn liegt. Die Abstände zu den Rivalen variieren stark. Mal sind es nur wenige, mal 70 bis 80 Seemeilen bis den nächstplatzierten Booten. Der Führende im Gesamtklassement, der Franzose Charlie Dalin, lag am Dienstagnachmittag etwa 400 Seemeilen (740 Kilometer) vor Herrmann. Der Sieger der Regatta wird Mitte Januar, also nach rund zweieinhalb Monaten,
in Frankreich zurückerwartet.
■ Informationen an Bord: „Ich bekomme über die anderen Regattateilnehmer etwas mit“, sagt Herrmann: „Aber nicht allzu viel.“Dass bereits nach wenigen Tagen ein Konkurrent wegen eines Mastbruchs aufgeben musste, wisse er aber. „Natürlich bin ich auch daran interessiert, was an Land passiert“, berichtet der 39-Jährige, der einst beim Zwischenahner Segelklub aktiv war: „Ich bekomme von Freunden viele Sprachnachrichten.“Erfreut habe ihn, dass es bei der Entwicklung eines Corona-Impfstoffes große Fortschritte gegeben habe.
■ das Alleinsein an Bord: „Einen Ohrwurm habe ich derzeit nicht. Ich komme auch kaum zum Musik hören, weil es an Bord sehr laut ist“, sagt er über die mit viel Technik ausgestattete, sonst aber sehr spartanisch eingerichtete 18,6Meter-Yacht.