„Die Ungleichbehandlung ist ein Unding“
VfB-Angreifer Rafael Brand über fehlenden Fußball und fehlenden Wohnraum
Mit drei Toren ist Rafael Brand gleichauf mit Marten Schmidt und Ayodele Adetula bester Regionalliga-Torschütze des VfB Oldenburg. Hier spricht er über seine Leidenschaft, die erfolglose Wohnungssuche in Oldenburg und Hamburg als Lieblingsstadt. Zudem verrät er, wieso er Berlin nicht so mag und wie groß sein Drang noch ist, Profi zu werden.
Guten Tag Herr Brand. Wie verbringt ein Fußballer, der nicht spielen kann und auch nicht mit der Mannschaft trainieren darf, aktuell seine Zeit? Rafael Brand (26): Ich laufe hier in Bremerhaven im Bürgerpark meine Runden. Dazu mache ich auch Übungen mit dem Ball. Außerdem habe ich in diesem Wintersemester ein Lehramtsstudium in den Fächern Deutsch und Sport in Oldenburg begonnen – im Moment aber nur online.
Obwohl Sie für den VfB spielen, wohnen Sie in Bremerhaven. Warum nicht in Oldenburg oder der näheren Umgebung? Brand: Nachdem ich zum VfB gewechselt bin, habe ich in Oldenburg eine Wohnung gesucht. Das ist in einer Universitätsstadt aber nicht so einfach. Ich habe im Hotel gewohnt oder auch einmal bei einem Teamkameraden übernachtet. In der Pause jetzt wohne ich wieder bei meiner Mutter in Bremerhaven.
Sie haben drei Jahre in Berlin gespielt – wie war’s da? Brand: Ich bin in Bremerhaven aufgewachsen, Berlin war mir doch zu groß und turbulent. Meine Lieblingsstadt ist Hamburg. Zwei Jahre habe ich beim HSV II Regionalliga gespielt, bevor ich zum BFC Dynamo nach Berlin gegangen bin.
Mit der Wohnung hat es noch nicht geklappt, sportlich sind Sie aber gut angekommen. Mit welchen Vorstellungen kamen Sie im Sommer zum VfB? Brand: Beim VfB gab es in diesem Sommer wie fast in jedem Jahr einen großen Umbruch. Ich wusste nicht, auf welche Spieler ich treffe. Ich kannte nur Leon Deichmann, Maik Lukowicz und Dennis Engel. Die Gespräche mit Trainer Dario Fossi waren aber sehr gut, unsere Vorbereitung dann aber nicht wirklich gut. Das Pokalspiel gegen den BSV Rehden war schlecht, da habe ich mir schon Sorgen gemacht.
Sie meinen das enttäuschende 1:4 im August. Was hat sich danach geändert? Brand: Nach der Vorbereitung und dem Pokalspiel war der vierte Platz nicht zu erwarten. Wir Spieler haben uns im Laufe der Saison aber alle stetig gesteigert, die Mannschaft ist zusammengewachsen. Wir sind auch charakterlich eine Einheit geworden. Wir wollen unseren Platz in der Aufstiegsrunde verteidigen, wenn die Saison weitergeht. Ein Platz unter den ersten Fünf war aber auch vor der Saison unser Ziel.
Nach acht Spielen hat der VfB 14 Punkte auf dem Konto. An dem Erfolg haben Sie auch Ihren Anteil. Haben Sie mit einem Stammplatz gerechnet? Brand: Ich bin glücklich, dass ich beim VfB sofort Stammkraft geworden bin. Das ist natürlich das Ziel von jedem Spieler.
Dario Fossi ist dafür bekannt, dass es bei ihm eigentlich wenige Stammspieler gibt. Wie gehen Sie damit um? Brand: Unser Trainer stellt öfter um – der Erfolg gibt ihm aber auch Recht.
Die Regionalliga West spielt weiter, die vier anderen Regionalligen müssen pausieren. Was halten Sie davon? Brand: Natürlich würde ich jetzt auch gern spielen, weil Fußball meine Leidenschaft ist. Die Ungleichbehandlung ist ein Unding – entweder spielen alle oder keiner. Auch bei uns im Norden und in den anderen Ligen gibt es Profiteams. Dadurch nimmt man auch Spielern die Möglichkeit, sich für einen höherklassigen Verein zu empfehlen.
Haben Sie noch Ambitionen, eine Liga oder vielleicht zwei
Ligen höher zu spielen? Brand: Der Drang, unbedingt Profi werden zu wollen, ist nicht mehr so groß wie noch vor drei oder vier Jahren.
Sie planen also schon für die Zeit nach Ihrer Karriere? Brand: Ich bin jetzt 26 – da macht man sich Gedanken. Von März bis August hatten wir wegen der Pandemie ja bereits eine lange Pause. Da fragt man sich schon, was machst du, wenn du nicht mehr Fußball spielen kannst.
Ich bin jetzt 26 – da macht man sich Gedanken. Wir sind auch charakterlich eine Einheit geworden.