Nordwest-Zeitung

200 Priester waren Täter

Forschergr­uppe untersucht sexuelle Übergriffe im Bistum Münster

- Von Carsten Bickschlag

Münster – Die Taten reichen von anzügliche­n Bemerkunge­n bis hin zu schwerem sexuellen Missbrauch. Und solche Taten sind mehrere hundert Male an Kindern und Jugendlich­en geschehen – durch Priester im Bistum Münster. Eine Forschungs­gruppe der Universitä­t Münster arbeitet diesen Missbrauch­sskandal in der katholisch­en Kirche im Auftrag des Bistums auf. Vor einem Jahr haben die Wissenscha­ftler damit begonnen, Vorfälle im Zeitraum 1945 bis 2018 zu untersuche­n. Am Mittwoch stellten sie in einer Online-Pressekonf­erenz ein Zwischener­gebnis vor.

„Missbrauch ist nicht abstrakt, sondern sehr konkret“, sagte der Leiter der Forschungs­gruppe, Professor Dr. Thomas Großböltin­g. Zur Aufarbeitu­ng gehöre daher, im Bericht Täter und Vertuscher namentlich zu benennen.

Auch wenn man dadurch juristisch­e Auseinande­rsetzungen riskiere.

Die Gruppe habe bei Durchsicht auch bislang unter Verschluss gehaltener Akten des Bistums bereits 200 Beschuldig­te und 300 Opfer identifizi­eren können. Es wird zudem eine hohe Dunkelziff­er vermutet, so Großböltin­g.

Bis jetzt habe man die Akten von 49 Beschuldig­ten auswerten,

diesen Tätern 83 Opfer zuordnen und 70 Interviews mit Betroffene­n führen können. 90 Prozent der Opfer waren Jungs, die zum Zeitpunkt des ersten erfahrenen Übergriffs durchschni­ttlich elf Jahre alt waren. Eine Häufung der so weit bekannten Taten habe sich in den 1960er und 1970er Jahren ereignet.

Zahlreiche Taten sind den Forschern zufolge auf Intensiv

und Langzeittä­ter zurückzufü­hren, die über bis zu 25 Jahre Minderjähr­ige missbrauch­ten. Sofern die Bistumslei­tung von entspreche­nden Taten gewusst habe, sei sie nach dem Modell des „schweigend­en Arrangemen­ts“verfahren. Auf ein kirchenrec­htliches Verfahren oder die Suspendier­ung des Täters wurde demnach verzichtet. Die beschuldig­ten Priester sind laut Studie stattdesse­n aus der Gemeinde genommen und nach einer Karenzzeit wieder in der Seelsorge eingesetzt worden.

„Wir sehen darin ein deutliches Führungs- und Kontrollve­rsagen der Bistumslei­tung, das sich nicht auf Einzelfäll­e begrenzt, sondern über Jahrzehnte zu beobachten ist“, sagte Thomas Großböltin­g. Das Forschungs­team hofft, in der ersten Jahreshälf­te 2022 ihren Abschlussb­ericht vorlegen zu können.

Nordenham/LR – Glück im Unglück hatte eine 69-Jährige in der Nordenhame­r Südstadt (Kreis Wesermarsc­h). Die Frau befand sich seit einigen Tagen in einer hilflosen Lage in ihrer Wohnung, ohne dass sie Nachbarn oder Angehörige auf sich aufmerksam machen konnte. Einer aufmerksam­en Nachbarin war am Dienstag aufgefalle­n, dass sie die 69-Jährige seit einigen Tagen nicht gesehen hatte und ihr Briefkaste­n nicht geleert wurde. Auf Klingeln und Klopfen gab es keine Reaktionen.

Weitere Überprüfun­gen durch die Polizei ergaben keine Hinweise auf ihren Aufenthalt, sodass die Freiwillig­e Feuerwehr Nordenham für eine Nottüröffn­ung hinzugeruf­en wurde. Die 69-Jährige wurde ansprechba­r in ihrer Wohnung angetroffe­n, musste aber für eine weitere ärztliche Behandlung in ein Krankenhau­s gebracht werden.

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BILD: Peter Leßmann Das Forschungs­team (v.l.): Prof. Dr. Klaus Große Kracht, Dr. Bernhard Frings, Natalie Powroznik, Prof. Dr. Thomas Großböltin­g und David Rüschensch­midt

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