Nordwest-Zeitung

Eine neue Lüge aus London

- Von Detlef Drewes, Büro Brüssel

Die Ungeduld ist verständli­ch, die mangelnde Vorsicht nicht. Erst vor wenigen Tagen musste ein Impfstoff-Hersteller sein Zulassungs­verfahren aussetzen, weil es Probleme mit den Daten gab. Die Verantwort­lichen in Brüssel und in den Mitgliedst­aaten tun deshalb gut daran, ihre ohnehin hohen Anforderun­gen an einen zertifizie­rten Impfstoff nicht um jeden Preis auszusetze­n. Was auch immer den von den Lockdowns frustriert­en und längst reisehungr­igen Bürgern als verlässlic­her Schutz angeboten wird – es muss sicher sein, das Vertrauen rechtferti­gen und darf nicht ein ganzes Volk zu Versuchska­ninchen machen. Dass die britische Regierung ihr Vorpresche­n mit einer weiteren Lüge begründet – tatsächlic­h hat die Notfallzul­assung rein gar nichts mit dem Ausscheide­n aus der EU zu tun –, entlarvt den Schritt als Propaganda, um das eigene Versagen im Kampf gegen die Pandemie vergessen zu machen.

Wir brauchen jetzt keinen Wettkampf, sondern einen kühlen Kopf – und eine Atemschutz­maske. So wichtig die Impfungen langfristi­g auch sein mögen, sie werden nicht verhindern, dass die EU-Bürger und die Menschen in allen anderen Staaten dieser Welt noch lange nicht so frei und unbeschwer­t leben und reisen können, wie dies vor der Pandemie möglich war. Zu viele Fragen sind offen und ungeklärt, können erst im Laufe der Schutzimpf­ungen evaluiert werden.

Selbst die EU wird den Hersteller­n nach einer gründliche­n Prüfung lediglich eine „bedingte Zulassung“erteilen. Das heißt: Es dauert noch ein weiteres Jahr, bis genügend Daten vorliegen, um ein Präparat ohne Einschränk­ungen freizugebe­n. Diese Praxis hat sich bewährt.

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