Nordwest-Zeitung

Heute hat die Fahrerei endlich ein Ende

Nach 1,5 Jahren Autofahren erhält Autist Wladislav Litau Therapie-Platz in Fachklinik

- Von Wolfgang Alexander Meyer

Oldenburg – Auf diese Nachricht hat Viktor Litau seit mehr als einem Jahr gewartet: „Wladislav hat einen Platz in der Fachklinik in Aschendorf bekommen“, sagt der Familienva­ter, der seit 1,5 Jahren mit seinem autistisch­en Sohn durch Oldenburg fährt – an jedem Tag in der Woche. „Am Donnerstag wird er aufgenomme­n“, lautet die gute Mitteilung.

Dieser Termin könnte zum Wendepunkt im Leben der Familie werden. Denn aktuell ist der 40-Jährige immer noch mit dem zehnjährig­en Wladislav im Auto unterwegs. Das ist die einzige Möglichkei­t, den autistisch­en Jungen zu beruhigen, der ansonsten ein aggressive­s Verhalten sich selbst aber auch seinen Mitmensche­n gegenüber an den Tag legt.

Ein wichtiges Ziel

„Ich bin froh, dass Wladislav den Platz bekommen hat. So hätte es nicht weitergehe­n können“, sagt Viktor Litau. Der 40-Jährige ist selber gesundheit­lich angeschlag­en, würde für seinen Sohn aber bis zum Äußersten gehen. Mit der Gewissheit, dass Wladislav an diesem Donnerstag in der Abteilung für Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie und Psychother­apie im Marien Hospital Papenburg Aschendorf aufgenomme­n wird, erreicht der Vater ein wichtiges Ziel. An diesen Erfolg hatte er lange nicht geglaubt.

„Als ich mich vor zwei Monaten an die Ð gewandt habe, habe ich nicht damit gerechnet, so schnell erfolgreic­h zu sein. Ich hatte zwar auf Hilfe gehofft, war dann aber doch sehr erstaunt, wie alles gelaufen ist“, sagt Litau.

Viele Menschen hätten sich bei ihm gemeldet und Hilfe angeboten. „Plötzlich hat man mich überall, wo ich unterwegs war, erkannt und angesproch­en. Es hat gut getan und viel Kraft gegeben, zu wissen, dass die Menschen uns und unser Problem sehen.“

Das Problem erkannt hat damals auch Dr. Filip Caby, Chefarzt der Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie in Aschendorf. Er hat Wladislav vor etwa einen Monat untersucht und sich bereit erklärt, den Jungen aufzunehme­n. Und jetzt ist es so weit. Wladislav wird für längere Zeit in die Fachklinik gebracht.

Die freie Zeit nutzen

„Ich hoffe, dass sein aggressive­s Verhalten durch den Klinik-Aufenthalt verschwind­et, Wladislavs Persönlich­keit sich nicht verändert und unser Familienle­ben

sich wieder normalisie­ren wird“, sagt Viktor Litau. Er selbst wolle die freie Zeit nutzen, um die vielen Dinge zu erledigen, um die er sich in den vergangene­n Monaten nicht wirklich kümmern konnte.

„An erster Stelle steht dabei meine Familie. Ich habe ja auch noch zwei weitere Kinder, mit denen ich zum Beispiel eine Radtour machen möchte. Es gibt aber auch viel

Papierkram zu erledigen, der liegengebl­ieben ist“, sagt der 40-Jährige.

Auch wenn sie Besserung in Aussicht stellt – leicht wird dem Vater die Trennung von seinem Sohn nicht fallen. In den vergangene­n 1,5 Jahren ist ein besonders starkes Band zwischen den beiden entstanden. „Es muss aber sein“, sagt Viktor Litau. „Denn so wie es jetzt läuft, kann es nicht weitergehe­n.“

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BILD: Wolfgang Alexander Meyer Ende der langen Fahrt: An diesem Donnerstag wird Viktor Litau seinen Sohn Wladislav zur stationäre­n Therapie nach Aschendorf bringen.
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BILD: Torsten von Reeken Seit eineinhalb Jahren jeden Tag im Auto: Viktor Litau mit Wladislav

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