Nordwest-Zeitung

Wie staatstrag­end darf Kultur sein?

Grütters fordert eigenständ­iges Bundesmini­sterium – Hamburgs Senator Brosda lehnt das ab

- Von Karsten Frerichs Und Renate Kortheuer-Schüring

Berlin/Hamburg – Hamburgs Kultursena­tor Carsten Brosda (SPD) lehnt ein eigenes Bundeskult­urminister­ium ab. „Es gibt wichtigere Themen“, sagte Brosda zu der Forderung von Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters (CDU) nach einem eigenständ­igem Ministeriu­m. Bislang ist Grütters’ Ressort an das Kanzleramt angebunden. Im Deutschlan­dfunk betonte Brosda am Mittwoch, statt neuer Strukturen sei eine Verständig­ung notwendig, wie die Zusammenar­beit von Bund, Ländern und Kommunen bei der Kulturförd­erung besser werden könne.

„Wir brauchen eine Verständig­ung darüber, wer eigentlich für was in der Kulturpoli­tik zuständig ist“, sagte der Hamburger Kultursena­tor, „wer was am besten kann und wie wir es schaffen, dass die unterschie­dlichen Ebenen besser zusammenar­beiten als sie es in der Vergangenh­eit getan haben.“Dies zu organisier­en, sei eine Aufgabe, der sich die Kulturpoli­tik stellen müsse. Aber solche Prozesse funktionie­rten nicht so gut, wenn sie mit einem Anspruch anfingen, eine Seite mächtiger zu machen, sagte Brosda. Der Bund beanspruch­e mit dem Ministeriu­m die Zuständigk­eit in einem Bereich, in dem 16 Bundesländ­er nach der Verfassung ihren eigenen Auftrag sähen.

„Dringliche­re Themen“

Mit einer Debatte über ein Bundeskult­urminister­ium seien immer Hoffnungen verbunden, die sich dann doch nicht realisiere­n ließen, sagte Brosda. Er habe sehr viele Themen auf dem Zettel, die vordringli­cher seien als die Frage einer organisato­rischen Veränderun­g innerhalb der Bundesregi­erung.

Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters

Grütters hatte Anfang der Woche in der „Süddeutsch­en Zeitung“ein eigenständ­iges Ministeriu­m auf Bundeseben­e gefordert. Die bundespoli­tische Bedeutung der Kultur sei gewachsen, argumentie­rte sie. Es sei richtig gewesen, das Kulturress­ort im Kanzleramt anzusiedel­n. Doch gebe es „gute Gründe, das Ressort nach 23 Jahren zum Bundesmini­sterium zu machen“, sagte die CDU-Politikeri­n rund ein halbes Jahr vor der Bundestags­wahl am 26. September.

„Politisch wachgeküss­t“

Der Deutsche Kulturrat schloss sich Grütters’ Appell an und betonte, bereits seit 1998 ein eigenständ­iges Kulturmini­sterium auf Bundeseben­e zu fordern. „Der Bund wurde vor 23 Jahren kulturpoli­tisch wachgeküss­t“, sagte Geschäftsf­ührer Olaf Zimmermann am Montag in Berlin.

Das Amt der Beauftragt­en für Kultur und Medien im Bundeskanz­leramt habe sich seitdem sehr gut entwickelt und viel Reputation erworben. „Doch um den gewachsene­n Aufgaben auch in der Zukunft gerecht werden zu können, ist die Einrichtun­g eines eigenständ­igen Bundeskult­urminister­iums zwingend erforderli­ch“, erklärte KulturratC­hef Zimmermann. Das sei ein längst überfällig­er Schritt zur Stärkung der Bundeskult­urpolitik.

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Dpa-BILD: Sommer

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