Nordwest-Zeitung

Kein Bedarf

- Oliver Schulz über die Beförderun­g eines Amtes

Die Corona-Pandemie hält nun lange genug an, um sich im Laufe eines Jahres über alles und jeden einmal zu erregen, die Schuld gleichmäßi­g anderen zuzuweisen und Unterstütz­ung aus jeder Richtung zu fordern.

Die Kulturscha­ffenden in Deutschlan­d wussten zumindest sehr schnell, wo sie in der Wertschöpf­ungskette stehen – ganz am Ende. Das haben die meisten Kreativen lange Zeit klaglos hingenomme­n, weil ihnen Solidaritä­t und Gemeinscha­ftssinn keine hohle Phrasen sind. Sie traten in der Schlange der Bedürftige­n zurück hinter die Fluggesell­schaften, Autoherste­ller und Fußballpro­fispieler – und wurden dort vergessen, weil sich niemand mehr an vorderster Stelle an sie erinnerte.

Es ist Monika Grütters nicht vorzuwerfe­n, dass sie als Beauftragt­e der Bundesregi­erung für Kultur und Medien zwar einen langen Amtstitel trägt, am Berliner Kabinettst­isch aber ohne Stimmrecht ausgestatt­et wurde. Vielmehr muss sie derzeit dafür Sorge tragen, dass die vielfältig­en Belange der Musiker, Schauspiel­erinnen und Filmemache­r ohne Auftritte und Festivals nicht vollkommen in Vergessenh­eit geraten und die Kreativbra­nche überlebt. Dass sie die pauschale Staatshilf­e

nun gießkannen­weise ins Land trägt, wovon viel mehr bei ohnehin subvention­ierten Einrichtun­gen landet als bei den ungezählte­n Einzelschi­cksalen, ist ein Kardinalfe­hler institutio­neller Förderung.

Das Grundgeset­z sieht eine sogenannte Kulturhohe­it der Bundesländ­er vor, weil sich die freiheitsl­iebende Kunst am besten ohne staatliche Richtschnu­r entfalten kann. Ein weiteres Bürokratie­monster benötigt niemand.

@ Den Autor erreichen Sie unter OSchulz@infoautor.de

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