Erfolge für SPD und Grüne – CDU erlebt Doppel-Debakel
FDP sowohl in Rheinland-Pfalz als auch in Baden-Württemberg im Parlament
Stuttgart/Mainz – Die Grünen mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann an der Spitze siegen bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg; die SPD um Regierungschefin Malu Dreyer hat die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz für sich entschieden. Die Ergebnisse im Einzelnen:
■ Baden-Würrtemberg
Wie schon die Hochrechnungen von ARD und ZDF am Wahlabend zeigten, liegen die Grünen im Südwesten klar vorn. Die CDU stürzte im Ländle in ihrer einstigen Hochburg dagegen ab und
steuerte auf das schlechteste Ergebnis in ihrer Geschichte zu. Die grün-schwarze Koalition könnte zwar weiterregieren, allerdings haben die Grü
nen wohl auch die Möglichkeit, mit SPD und FDP ein Ampel-Bündnis zu bilden. Für den 72 Jahre alten Kretschmann wäre es die dritte Wahlperiode an der Macht. Er kann sich den Koalitionspartner aussuchen und will mit allen sprechen.
Den Einzug in den Landtag schafften auch AfD, SPD und FDP. Die Linke verfehlte den Einzug ins Parlament.
■ Rheinland-Pfalz
In Mainz kann die SPD um Ministerpräsidentin Malu Dreyer
weiterregieren. Die Sozialdemokraten haben die Wahl dort trotz leichter Verluste gewonnen. Die CDU und ihr Spitzenkandidat Christian Baldauf müssen hingegen mit dem bisher schlechtesten Ergebnis rechnen. Damit könnte die seit 2016 regierende AmpelKoalition der SPD mit FDP und Grünen weitermachen.
Die Grünen gewannen gegenüber ihrem Ergebnis von 2016 stark hinzu. Die FDP blieb im Vergleich zur vorangegangenen Wahl konstant, neu in den Landtag einziehen
könnten die Freien Wähler. Die AfD bleibt trotz leichter Verluste wohl drittstärkste Kraft im Mainzer Landtag.
■ Reaktionen
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak begründete das schlechte Abschneiden seiner Partei mit der Lage in den Ländern und der Masken-Äffäre der Union. Es habe in beiden Ländern keine Wechselstimmung gegeben, in der Krise vertrauten die Menschen den Regierungschefs.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte, die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz hätten gezeigt, dass Regieren auch ohne die Union möglich sei. „Es gibt Mehrheiten jenseits der Union“, betonte er am Sonntagabend. Das Signal für den Bund sei: „Das Rennen ist offen.“
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Stuttgart – Diesmal können sie sich im Blitzlichtgewitter nicht um den Hals fallen, schließlich ist immer noch Corona, deshalb schlagen die Grünen im Landtag kräftig die Fäuste zusammen. „31!“, ruft Fraktionschef Andreas Schwarz um 18 Uhr. „Super! Super! Super!“Da ist der Mann der Stunde weit und breit nicht zu sehen. So genau weiß keiner im Stuttgarter Landtag, wo Winfried Kretschmann steckt, als um 18 Uhr die bunten Balken über die Bildschirme flimmern.
Eine Art Volkspartei
Der 72-Jährige Landesvater holt für die Grünen in BadenWürttemberg am Sonntag das bislang beste Ergebnis. Damit etabliert er sie als eine Art Volkspartei im konservativen
Ländle – die einzige Volkspartei, die dort geblieben ist. Und er zerschmettert die CDU – ausgerechnet im konservativen Südwesten, wo sie für viele Jahrzehnte die Macht gepachtet hatte. Die CDU mit Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann erlebt ein historisches Wahldesaster – und die Union einen katastrophalen Auftakt ins Superwahljahr.
58 Jahre lang regiert die CDU Baden-Württemberg, bis Kretschmann 2011 ans Ruder kommt. Damals ist von einem Betriebsunfall die Rede – wegen der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima, des Konfliktes um das Bahnprojekt Stuttgart 21 und der unbeliebt-autoritären Art des damaligen CDU-Ministerpräsidenten Stefan Mappus.
Bei der Landtagswahl 2016 zieht Kretschmanns Partei dann an der CDU vorbei – eine Sensation in der CDU-Bastion. Er stellt sich damals in der
Flüchtlingskrise an die Seite von Angela Merkel, während CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf seiner Bundeskanzlerin in den Rücken fällt. Die einst so stolze CDU wird mit 27 Prozent zum Juniorpartner einer grün-schwarzen Koalition. Nun sind es noch mal ein paar Punkte weniger.
Im Rampenlicht
Kretschmann versetzt seinem derzeitigen Koalitionspartner so einen heftigen Schlag, dass man sich fragen muss, ob sich die CDU in Baden-Württemberg, wo sie einst bei mehr als 50 Prozent stand, je wieder davon erholt.
Im Rampenlicht des Unions-Fiaskos: Susanne Eisenmann. Hinter den Kulissen wird in der Südwest-CDU schon seit Tagen eifrig versucht, sich von der Spitzenkandidatin abzugrenzen. Dabei sah es noch vor wenigen
Monaten gar nicht so übel aus für die ruppige Kultusministerin, die ein Gegenentwurf zu Kretschmann sein wollte. Sie sei ein gefährlicher Gegner, hieß es bei den Grünen.
Eisenmann steht nun vor den Trümmern ihrer politischen Laufbahn. Kretschmann hat hingegen die Wahl, wie es im Ländle weitergeht. Er selbst will vor allem eine verlässliche, stabile Regierung, sagte der Landesvater zuletzt immer wieder.
Kretschmann wird von allen Kräften im Landtag umgarnt, sieht man mal von der AfD ab, mit der keiner regieren will. SPD und FDP stehen aber in den Startlöchern. Wenn es nicht für Zweierbündnisse mit den Sozialdemokraten oder den Liberalen langt, wäre auch eine Ampel drin aus Grünen, SPD und FDP. Wird die CDU wirklich in die Opposition gedrängt, könnte sich ihr freier Fall fortsetzen.