Nordwest-Zeitung

EU räumt Fehler bei Bestellung­en ein

Warum die Niederland­e mehr Covid-19-Impfstoff pro Kopf haben als Bulgarien

- Von Albert Otti, Annette Birschel Und Ella Joyner

Brüssel/Wien/Den Haag – Im Streit um Pannen bei der Corona-Bekämpfung hat die EUKommissi­on Versäumnis­se eingeräumt. „Es stimmt, dass bei der Bestellung der Impfstoffe sowohl in Brüssel als auch in den Mitgliedss­taaten Fehler gemacht wurden“, sagte der EU-Kommission­svize Frans Timmermans dem „Tagesspieg­el am Sonntag“.

Beschwerde eingereich­t

Österreich und fünf andere EU-Staaten hatten zuvor die Bestellpol­itik Brüssels kritisiert und auf hoher Ebene Gespräche in der Union über eine gerechtere Verteilung der Corona-Impfdosen verlangt. Das derzeitige Bestellsys­tem würde „bis zum Sommer riesige Ungleichhe­iten unter Mitgliedss­taaten schaffen und vertiefen“, schrieben die Regierungs­chefs von Österreich, Bulgarien, Lettland, Slowenien und Tschechien an EU-Ratspräsid­enten Charles Michel und EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen. Kroatien schloss sich dem Vorstoß am Samstag an.

Der Vizechef der FDP-Bundestags­fraktion Michael Theurer erklärte, von der Leyen, Bundeskanz­lerin Angela Merkel und Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (alle CDU) sollten Timmermans’ Beispiel folgen und „ihr eigenes Versagen unter deutscher EU-Ratspräsid­entschaft bei der Impfstoff-Beschaffun­g genauso klar zugeben“.

Timmermans betonte weiter, ein europäisch­es Vorgehen sei „auch im Interesse der reicheren Staaten“wie Deutschlan­d. Jetzt gehe es erstmal darum, „dass ganz Europa Impfstoff bekommt“.

Die EU-Kommission hat von den vier zugelassen­en Co

vid-19-Impfstoffe­n insgesamt mindestens 1,4 Milliarden Dosen für die rund 450 Millionen EU-Bürger geordert. Allerdings wird nicht wie erwartet geliefert, und der Kommission werden zögerliche­s Handeln, strategisc­he Fehler bei der Bestellung und ein ungerechte­s Verteilsys­tem vorgeworfe­n.

Österreich­s Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte beklagt, dass Impfdosen nicht anteilig auf die EU-Staaten aufgeteilt würden und es zusätzlich­e Liefervert­räge durch intranspar­ente Verhandlun­gen in der EU-Steuerungs­gruppe gebe. Laut EU kann es zu Verschiebu­ngen kommen, wenn nicht

alle Länder gemäß ihrem Anteil bestellen. Nicht genutzte Kontingent­e würden dann auf andere Staaten aufgeteilt.

Spielraum ausgenutzt

Laut Kurz haben zum Beispiel die Niederland­e und Dänemark Zugang zu wesentlich

mehr Impfstoff pro Kopf als Länder wie Bulgarien oder Kroatien. Das niederländ­ische Gesundheit­sministeri­um erklärte: „Wir halten uns an die Absprachen.“Die Niederland­e nutzten den Spielraum aber „maximal“aus und übernähmen ein Kontingent, wenn ein anderes Land darauf verzichte.

 ?? Dpa-BILD: Van Lonkhuijse­n ?? Am Zweiten Weihnachts­tag kam die erste Ladung des Covid-19-Impfstoffs von Biontech/Pfizer in den Niederland­en an. Diese hatten als letztes EU-Land die Impfkampag­ne begonnen, holen aber inzwischen auf.
Dpa-BILD: Van Lonkhuijse­n Am Zweiten Weihnachts­tag kam die erste Ladung des Covid-19-Impfstoffs von Biontech/Pfizer in den Niederland­en an. Diese hatten als letztes EU-Land die Impfkampag­ne begonnen, holen aber inzwischen auf.

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