Jenkes Mutter muss wieder kämpfen
Keine Impftermine für Pflegekräfte des zweijährigen Jungen aus Spohle
Varel/Spohle – Seit Jenke auf der Welt ist, muss seine Mutter Kim Kasimir kämpfen: Um Unterstützung bei der Intensivpflege ihres schwerbehinderten Sohnes und jetzt darum, dass Jenkes Pflegekräfte gegen Corona geimpft werden. Der Junge ist vor zweieinhalb Jahren mit dem Charge-Syndrom zur Welt gekommen, eine Infektion mit dem Coronavirus wäre für ihn lebensbedrohlich.
Luft bekommt Jenke durch einen Luftröhrenschnitt, seine Lunge ist nach etlichen Lungenentzündungen geschädigt. „Ich habe Angst um ihn“, sagt seine Mutter, „ich weiß nicht, wie er Covid-19 überstehen würde“. Jenke muss rund um die Uhr betreut werden, dafür hat seine Mutter fünf Intensivpflegefachkräfte über das persönliche Budget angestellt. Das heißt, sie bekommt einen festen Betrag von der Krankenkasse und organisiert alles rund um Jenkes häusliche Pflege selbst. Dieses Modell, mit dem sie nach langer und zermürbender Suche endlich zuverlässige Unterstützung bei der Pflege ihres Sohnes gefunden hat, wird jetzt zum großen Problem: Die fünf Pflegekräfte bekommen keinen Impftermin.
Niemand zuständig
„Leider ist dieses Modell nicht in der Impfhierarchie bedacht“, ärgert sich Kim Kasimir, „und das, obwohl unsere Pflegekräfte im persönlichen Budget derselben Arbeit nachgehen wie Pflegekräfte im Altenheim, im Krankenhaus oder bei ambulanten Pflegediensten“. Niemand scheint sich für ihre Pflegekräfte zuständig zu fühlen. Telefonate mit dem Gesundheitsamt, der Pflegekasse und der CoronaInfohotline blieben erfolglos: „Wir fallen durchs Raster“, sagt
Kim Kasimir.
„Ich weiß nicht mehr weiter“, sagt die 34-Jährige, „ich fühle mich so alleingelassen“. Sie hat nicht nur große Angst um ihren Sohn, sondern auch davor, dass das Pflegekonstrukt, das sie sich so mühsam aufgebaut hat, zusammenbricht, wenn Jenkes Pflegekräfte ausfallen, weil sie wegen Corona in Quarantäne müssen.
Sie ist dringend auf Hilfe angewiesen, musste in der Vergangenheit schon mit Jenke ins Kinderhospiz, wenn Pflegekräfte ausgefallen sind, da sie allein die Intensivbetreuung rund um die Uhr nicht leisten kann.
Vor gut einem Jahr hatte Kim Kasimir, die mittlerweile mit ihrem Mann und Sohn von Varel (Landkreis Friesland) nach Spohle (Landkreis
Ammerland) gezogen ist, mithilfe eines Aufrufes unserer Redaktion zusätzliche Pflegekräfte gewinnen können. Jetzt braucht sie wieder dringend Hilfe, damit die fünf in Vollzeit und Teilzeit arbeitenden Intensivpflegekräfte, die sich um Jenke kümmern, genauso geimpft werden wie ihre Kollegen in Krankenhäusern, Altenheimen und Pflegeheimen. „Ich möchte einfach nur wissen, wen ich ansprechen muss“, sagt Kim Kasimir.
Anfrage an das Land
Auf Nachfrage der Redaktion beim Gesundheitsamt des Landkreises Ammerland teilt der zuständige Dezernent Dr. Thomas Jürgens mit, dass „bereits eine entsprechende Anfrage an das Land Niedersachsen gestellt wurde, ob hier
eine Sonderregelung möglich ist“.
Bei einem persönlichen Budget handele es sich um eine sehr spezielle Form der Pflege eines pflegebedürftigen Menschen, so Dr. Jürgens.
Die Corona-Impfverordnung
E – Ohrfehlbildungen). Das Charge-Syndrom kommt bei einem von 12 000 Kindern vor.
Jenke
ist fast taub sowie sehbehindert, sein Magen ist zu klein. Luft bekommt er durch einen Luftröhrenschnitt und Nahrung durch eine Magensonde. Außerdem schließt sein Kehlkopfdeckel nicht.
erfasse Beschäftigte im Rahmen des persönlichen Budgets bislang nicht, anders als Beschäftigte von Pflegeeinrichtungen und ambulanten Pflegediensten. Folglich sei sie in diesem Fall nicht anwendbar.