Nordwest-Zeitung

„Bild“-Chefredakt­eur Reichelt befristet freigestel­lt

Medienkonz­ern Axel Springer geht Hinweisen auf Compliance-Verstöße nach

- Von Anna Ringle

Schauspiel­erin Emilia Schüle (28) wird bei Filmen aus Zeiten ohne Handys und Internet wehmütig. „Das geht mir schon bei Filmen aus dem Jahr 2005 so, bevor die Smartphone­s aufkamen“, sagte Schüle. „Diese Unfähigkei­t im Moment zu sein, stört mich. Das andere ist so viel ansprechen­der, auch im Film. Ich genieße es sehr, Filme zu gucken, die gerätefrei sind.“Schüle spielt eine der Hauptrolle­n in der ZDF-Nachkriegs­saga „Ku’damm 56“.

Berlin – „Bild“-Chefredakt­eur Julian Reichelt ist inmitten eines laufenden Compliance­Verfahrens befristet freigestel­lt worden. Der Medienkonz­ern Axel Springer teilte am Samstag in Berlin über Reichelt mit: „Um eine ungestörte Aufklärung sicherzust­ellen und die Arbeit der Redaktion nicht weiter zu belasten, hat er den Vorstand darum gebeten, bis zur Klärung der Vorwürfe befristet von seinen Funktionen freigestel­lt zu werden. Die Freistellu­ng ist inzwischen erfolgt.“Reichelt (40), der Vorsitzend­er der „Bild“-Chefredakt­ionen und Sprecher der Geschäftsf­ührung ist, weise die Vorwürfe zurück.

In einer internen Nachricht

Freigestel­lt: Chefredakt­eur Julian Reichelt

an Kolleginne­n und Kollegen, die der Nachrichte­nagentur dpa vorlag, schrieb Reichelt, „Bild“und die Menschen bei „Bild“seien sein Leben. „Ich habe immer alles dafür getan, dass es BILD, dass es uns gut geht und das tue ich auch heute, auch wenn es mir unendlich schwerfäll­t. Deswegen habe ich den Vorstand gebeten, mich vorerst zu beurlauben, um dazu beizutrage­n, unangreifb­are Aufklärung zu betreiben und die Vorwürfe zu prüfen, die gegen mich erhoben wurden.“Der Chefredakt­eur betonte: „Die Vorwürfe sind falsch.“

Seit 20 Jahren dabei

Vor einigen Tagen war das Compliance-Verfahren gegen Reichelt, der seit fast 20 Jahren in unterschie­dlichen Funktionen für Springer tätig ist, bekannt geworden. Eine solche Untersuchu­ng in einer Firma zielt darauf ab zu prüfen, ob das Verhalten regelkonfo­rm war und die Richtlinie­n einer Firma eingehalte­n worden sind. Der Medienkonz­ern betonte: „Die Untersuchu­ng ist noch nicht abgeschlos­sen. Daher wird das Unternehme­n derzeit keine weiteren Angaben zum Verfahren und zum Gegenstand der Vorwürfe machen.“

Nach Andeutunge­n des Satirikers Jan Böhmermann in seiner ZDF-Show vor gut einer Woche hatte der „Spiegel“unter Berufung auf Informatio­nen berichtet, dass es Vorwürfe von mehreren Beschäftig­ten geben soll. Das Nachrichte­nmagazin schrieb von Machtmissb­rauch und Ausnutzung von Abhängigke­itsverhält­nissen.

In der Zwischenze­it übernimmt die Chefredakt­eurin von „Bild am Sonntag“und Mitglied der Chefredakt­ion der Bild-Gruppe, Alexandra Würzbach, die Führung der Redaktion von Deutschlan­ds größter Boulevardz­eitung, wie der Konzern weiter mitteilte.

Externe Prüfung

Bei der Aufklärung der Hinweise auf mögliche Compliance-Verstöße innerhalb der „Bild“-Redaktion hat das interne Compliance-Management externe Experten hinzugezog­en, wie Springer nun offiziell bestätigte. „Hierbei wird ergebnisof­fen in alle Richtungen recherchie­rt und die Glaubwürdi­gkeit und Integrität aller Beteiligte­n bewertet.“

 ?? BILD: Weihrauch ??
BILD: Weihrauch

Newspapers in German

Newspapers from Germany