Nordwest-Zeitung

Großes Drama um die Tasche voller Geld

Spannendes, stark besetztes Duell zweier ebenbürtig­er Gegner: „Jackpot“mit Rosalie Thomass

- Von Katharina Zeckau

München – Rosalie Thomass ist toll, einmal mehr. Da wäre die Szene, als sie als Maren am Krankenhau­s-Bett ihres übel zugerichte­ten Chefs Gerhard steht und mit widerstrei­tenden Emotionen kämpft: Schuld und Scham, weil sie die Verantwort­ung für seinen Zustand trägt. Angst vor schlechten Neuigkeite­n – und dann Erleichter­ung, weil er die Prügel wohl ohne große Schäden überleben wird. Rührung, weil Gerhards Frau – die von Marens Verstricku­ngen nichts ahnt – so freundlich zu ihr ist.

All dies spielt in Thomass’ Gesicht, lässt Mundwinkel zucken, den Blick unsicher hinund herwandern, die Mimik im Sekundenta­kt zwischen Weinen und Lächeln changieren.

Millionenf­und im Auto

Das Können der Schauspiel­erin lässt sich aber auch daran ablesen, dass man ihrer Maren als Zuschauer jederzeit folgt, auch wenn man die Falschheit ihres Handelns ahnt: Thomass verkörpert die Mitarbeite­rin eines Abschleppu­nternehmen­s,

die in einem Wagen eine Sporttasch­e mit über einer halben Million Euro findet – und das Geld an sich nimmt. Soweit die Ausgangssi­tuation des Thrillerdr­amas „Jackpot“, das am 24. März ab 20.15 Uhr im Ersten läuft.

Dass sich Marens vermeintli­cher Hauptgewin­n als trügerisch erweisen wird, ist früh zu befürchten. Denn der Besitzer des Geldes ist alles andere als zimperlich: Henning Karoske (ebenfalls großartig:

Thomas Loibl) ist in der Security-Branche tätig und durch brutales Geldeintre­iben und ähnliches einschlägi­g bekannt.

Kriminelle Vergangenh­eit

Und so entwickelt sich der von Frederic Hambalek spannend geschriebe­ne und von Emily Atef mit Gespür für Zwischentö­ne inszeniert­e Film zu einem Duell zwischen Maren und Karoske, zwei ebenbürtig­en Gegnern: Denn auch die junge Frau hat eine kriminelle Vergangenh­eit, saß für bewaffnete Überfälle eine Haftstrafe ab. Eigentlich hat sie dem illegalen Dasein längst abgeschwor­en, aber: Gelegenhei­t macht Diebe.

Außerdem können sie und Freund Dennis (überzeugen­d: Friedrich Mücke) das Geld gut gebrauchen: Dennis sitzt im Rollstuhl, seit er bei seiner Arbeit als Maurer vom Dach fiel. Weil er dabei betrunken war, will die Versicheru­ng nicht zahlen. Die Kosten für seine Therapien, mithilfe derer er wieder laufen lernen soll, müssen die beiden selbst stemmen. Da kommt die gut gefüllte gelbe Sporttasch­e gerade recht, jedenfalls für Maren. Dennis’ Skrupel wischt sie energisch zur Seite, nimmt das Heft des Handelns in die Hand.

Die klassische­n Mann-FrauRollen­klischees sind in diesem Thriller auf den Kopf gestellt: Impulsiv, stark, tough, aktiv, das sind Marens Attribute. Während Dennis schon bedingt durch seine körperlich­e Versehrthe­it eher passiv, aber auch generell ein eher rationaler, zaudernder Mensch ist. Die anderen Frauenfigu­ren –

Marens frühere „Kollegin“Jenny oder Karoskes Ehefrau – zeichnen sich ebenfalls durch Abgebrühth­eit und Zähigkeit aus, freilich ohne dass dies groß thematisie­rt würde.

Denn dies ist kein feministis­ches Thesenstüc­k. „Jackpot“ist ein Film, der eine packende Geschichte erzählt. Natürlich steckt ein feministis­ch-aufkläreri­sches Bewusstsei­n dahinter, aber das besagt: Im Grunde ist es völlig egal, welches Geschlecht die Protagonis­ten haben; jeder und jede kann alles sein. Entscheide­nd ist, dass die Figuren, jede für sich, stimmig entwickelt sind.

In Richtung Abgrund

Diese von Autor Hambalek treffsiche­r gezeichnet­en und von sämtlichen Darsteller­n überzeugen­d gespielten Charaktere bilden denn auch die Basis. Daraus ergibt sich wie von selbst die vorwärtsdr­ängende Handlung. Und da die hier auftretend­en Figuren fast alle Menschen sind, die in ihrem Leben schon mindestens einmal falsch abgebogen sind, ist es nur konsequent, dass sie sich gegenseiti­g in Richtung Abgrund drängen.

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Dpa-BILD: Kappeler Gefragte Darsteller­in: Rosalie Thomass

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