Großes Drama um die Tasche voller Geld
Spannendes, stark besetztes Duell zweier ebenbürtiger Gegner: „Jackpot“mit Rosalie Thomass
München – Rosalie Thomass ist toll, einmal mehr. Da wäre die Szene, als sie als Maren am Krankenhaus-Bett ihres übel zugerichteten Chefs Gerhard steht und mit widerstreitenden Emotionen kämpft: Schuld und Scham, weil sie die Verantwortung für seinen Zustand trägt. Angst vor schlechten Neuigkeiten – und dann Erleichterung, weil er die Prügel wohl ohne große Schäden überleben wird. Rührung, weil Gerhards Frau – die von Marens Verstrickungen nichts ahnt – so freundlich zu ihr ist.
All dies spielt in Thomass’ Gesicht, lässt Mundwinkel zucken, den Blick unsicher hinund herwandern, die Mimik im Sekundentakt zwischen Weinen und Lächeln changieren.
Millionenfund im Auto
Das Können der Schauspielerin lässt sich aber auch daran ablesen, dass man ihrer Maren als Zuschauer jederzeit folgt, auch wenn man die Falschheit ihres Handelns ahnt: Thomass verkörpert die Mitarbeiterin eines Abschleppunternehmens,
die in einem Wagen eine Sporttasche mit über einer halben Million Euro findet – und das Geld an sich nimmt. Soweit die Ausgangssituation des Thrillerdramas „Jackpot“, das am 24. März ab 20.15 Uhr im Ersten läuft.
Dass sich Marens vermeintlicher Hauptgewinn als trügerisch erweisen wird, ist früh zu befürchten. Denn der Besitzer des Geldes ist alles andere als zimperlich: Henning Karoske (ebenfalls großartig:
Thomas Loibl) ist in der Security-Branche tätig und durch brutales Geldeintreiben und ähnliches einschlägig bekannt.
Kriminelle Vergangenheit
Und so entwickelt sich der von Frederic Hambalek spannend geschriebene und von Emily Atef mit Gespür für Zwischentöne inszenierte Film zu einem Duell zwischen Maren und Karoske, zwei ebenbürtigen Gegnern: Denn auch die junge Frau hat eine kriminelle Vergangenheit, saß für bewaffnete Überfälle eine Haftstrafe ab. Eigentlich hat sie dem illegalen Dasein längst abgeschworen, aber: Gelegenheit macht Diebe.
Außerdem können sie und Freund Dennis (überzeugend: Friedrich Mücke) das Geld gut gebrauchen: Dennis sitzt im Rollstuhl, seit er bei seiner Arbeit als Maurer vom Dach fiel. Weil er dabei betrunken war, will die Versicherung nicht zahlen. Die Kosten für seine Therapien, mithilfe derer er wieder laufen lernen soll, müssen die beiden selbst stemmen. Da kommt die gut gefüllte gelbe Sporttasche gerade recht, jedenfalls für Maren. Dennis’ Skrupel wischt sie energisch zur Seite, nimmt das Heft des Handelns in die Hand.
Die klassischen Mann-FrauRollenklischees sind in diesem Thriller auf den Kopf gestellt: Impulsiv, stark, tough, aktiv, das sind Marens Attribute. Während Dennis schon bedingt durch seine körperliche Versehrtheit eher passiv, aber auch generell ein eher rationaler, zaudernder Mensch ist. Die anderen Frauenfiguren –
Marens frühere „Kollegin“Jenny oder Karoskes Ehefrau – zeichnen sich ebenfalls durch Abgebrühtheit und Zähigkeit aus, freilich ohne dass dies groß thematisiert würde.
Denn dies ist kein feministisches Thesenstück. „Jackpot“ist ein Film, der eine packende Geschichte erzählt. Natürlich steckt ein feministisch-aufklärerisches Bewusstsein dahinter, aber das besagt: Im Grunde ist es völlig egal, welches Geschlecht die Protagonisten haben; jeder und jede kann alles sein. Entscheidend ist, dass die Figuren, jede für sich, stimmig entwickelt sind.
In Richtung Abgrund
Diese von Autor Hambalek treffsicher gezeichneten und von sämtlichen Darstellern überzeugend gespielten Charaktere bilden denn auch die Basis. Daraus ergibt sich wie von selbst die vorwärtsdrängende Handlung. Und da die hier auftretenden Figuren fast alle Menschen sind, die in ihrem Leben schon mindestens einmal falsch abgebogen sind, ist es nur konsequent, dass sie sich gegenseitig in Richtung Abgrund drängen.