Zur Person
So sah das Kollegium der Oldenburger Cäcilienschule um 1914 aus: An der ehemaligen Mädchenschule durften lange Zeit nur unverheiratete Lehrerinnen unterrichten.
Kraft trat“, betont Budde. Endgültig abgeschafft, zumindest auf dem Papier, wurde der Lehrerinnen-Zölibat 1951 – vor 70 Jahren.
Gab es den „Zölibat“auch in Oldenburg
In der AG Schulgeschichte, die von Deutsch- und Religionslehrerin Ina Maria Goldbach geleitet wird, beschäftigen sich Schülerinnen und Schüler regelmäßig mit der Geschichte der Cäcilienschule. In vielen alten Jahresberichten der Schule sei immer wieder die Rede davon, dass eine Lehrerin aus dem Kollegium ausschied, um zu heiraten. Wie diese Regelung aufgefasst wurde, sei in den Berichten jedoch nicht dokumentiert.
„Ich habe 1962 mein Abitur an der Cäcilienschule gemacht“, erklärt eine Oldenburgerin,
die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Sie erinnere sich daran, dass es damals selbstverständlich gewesen sei, dass die Lehrerinnen unverheiratete ,Fräuleins‘ waren. „Auch meine Klassenlehrerin war unverheiratet“, sagt sie über ihre Schulzeit.
Wie Gunilla Budde erklärt, seien viele Frauen aus der ersten Lehrerinnengeneration gleichzeitig auch Pionierinnen der ersten Frauenbewegung gewesen – auch die Oldenburgerin Helene Lange gehörte dazu. Die Politikerin und Pädagogin zeigte sich in der Frage des Lehrerinnen-Zölibats jedoch hin und hergerissen. „Grundsätzlich stimmte sie der vorherrschenden Meinung zu, dass die unverheiratete Lehrerin sich unbelastet von anderen Verantwortlichkeiten besser den Schülerinnen und Schülern widmen könne“, sagt Budde. Helene
Lange selbst habe Frauen mit Heirats- und Kinderwunsch aus ihren Gymnasialkursen entlassen, weiß die Historikerin.
Wie sah die Realität an den Schulen aus
Die Wirklichkeit hinkte laut Gunilla Budde lange hinterher. So hatten Lehrerinnen bis in die 1960er Jahre hinein weder die Möglichkeit einer zeitweisen Unterbrechung der Beamtentätigkeit noch die Option, ihre Stunden zu reduzieren. Viele Lehrerinnen verzichteten häufig entweder auf Kinder oder auf den Beruf. „Noch in den 70er Jahren, das weiß ich von meiner eigenen Gymnasialzeit, fanden sich in den Lehrerzimmern zahlreiche unverheiratete Studienrätinnen, häufig mit Doktortitel“, sagt Gunilla Budde.
Prof. Dr. Gunilla Budde
Gunilla Budde
ist Professorin für Deutsche und Europäische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Von 2010 bis 2015 war die 60-Jährige Vizepräsidentin der Uni.