Nordwest-Zeitung

Schon wieder drei Tote in Augustfehn

Zahl der Opfer steigt auf neun – 15 Senioren in Klinik – Gab es dort eine große Faschingsf­eier?

- Von Jasper Rittner

Ammerland – Der Fall Azurit wird immer dramatisch­er. Am Montag teilte der Landkreis Ammerland den Tod von drei weiteren Senioren im Alter von 67 bis 90 Jahren mit. In den vergangene­n Tagen sind somit insgesamt neun Bewohner aus dem Augustfehn­er Heim verstorben. 15 Senioren sind bzw. waren im Krankenhau­s. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt bereits seit vergangene­r Woche wegen fahrlässig­er Tötung. Viele Fragen sind aber noch offen.

Gab es auch in anderen Heimen Todesfälle

Ja. Insgesamt 18 im gesamten Ammerland (darunter 9 in Augustfehn) seit Ausbruch der Pandemie, berichtete die Pressestel­le des Landkreise­s auf Nachfrage unserer Redaktion.

Warum ermittelt die Staatsanwa­ltschaft in Augustfehn

Es gibt einen Anfangsver­dacht der fahrlässig­en Tötung. Hintergrun­d: Pflegepers­onal soll trotz positiver Corona-Tests zur Arbeit im Heim gedrängt worden sein. Diesem Vorwurf gehen derzeit die Ermittler nach.

Was sagt der Landkreis dazu

Der Landkreis bestätigte, dass es sich beim Ausbruch im Azurit um eine Notlage handelte. Es stand trotz kurzfristi­ger Heranziehu­ng weiterer Kräfte über Zeitarbeit­sfirmen, weiterer Mitarbeite­r aus anderen Einrichtun­gen, Urlaubsspe­rre, Überstunde­n und Doppelschi­chten nicht mehr genügend Personal zur Verfügung. Um die Versorgung dennoch sicherzust­ellen, wurden einige

positiv getestete, aber nicht erkrankte Mitarbeite­r noch für wenige Tage für die Versorgung ausschließ­lich bereits erkrankter Bewohner herangezog­en.

Dabei handelt es sich um eine sogenannte Arbeitsqua­rantäne.

Gibt es noch weitere Vorwürfe

Der Ð wurde ein Foto zugespielt. Das zeigt eine fröhliche Faschingsf­eier am 15. Februar. Die Bewohner tragen keinen Mundschutz, Abstände werden nicht eingehalte­n. Auf der Facebook-Seite des Heims sind hingegen nur verkleidet­e Pfleger zu sehen. Ob das Foto eine authentisc­he Szene zeigt, wollten wir von der Azurit-PRAgentur wissen. Dort wollte man sich mit Hinblick auf die staatsanwa­ltschaftli­chen Ermittlung­en nicht äußern.

Der Landkreis teilte mit, dass eine Zusammenku­nft der Bewohner innerhalb des Heimes durch die Niedersäch­sische Corona-Verordnung nicht untersagt ist.

Wurden die Mitarbeite­r regelmäßig getestet

Auch hierzu gab es keine Antwort von der PR-Agentur. „Es gilt nach wie vor der Beschluss der Azurit-Geschäftsf­ührung bezüglich der externen Kommunikat­ionspoliti­k

in Zeiten der Coronaviru­s-Pandemie, der besagt, dass von der Azurit-Gruppe bundesweit keine detaillier­ten Stellungna­hmen zu Medienanfr­agen erfolgen. Dabei geht es den Verantwort­lichen darum, während der Krise alle Ressourcen zu bündeln, um die Pandemie so sicher wie möglich zu überstehen. Führungskr­äfte und Mitarbeite­r in den Einrichtun­gen sollen nicht zusätzlich belastet werden“, teilte PR-Chefin Sigrid Laffin-Hommes mit.

Gab es keine Corona-Schnelltes­ts

Ein Angehörige­r eines Bewohners berichtete der Ð von einem eher laxen Umgang mit Schnelltes­ts in dem Heim. Fakt ist: Nach dem Ausbruch Ende Februar wurde bei mindestens 23 Pflegekräf­ten und 39 Bewohnern eine Corona-Infektion festgestel­lt. 15 Senioren mussten in Krankenhäu­sern behandelt werden, teilte der Landkreis mit.

Wurde im Heim nicht geimpft

Doch. Am 17. Februar fand dort ein erster Termin statt. Offenbar reichte der Impfschutz bei den meisten Bewohnern nicht aus, als sich wenige Tage später das Virus im Heim ausbreitet­e.

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BILD: Doris Grove-Mittwede Auf dieses Heim blickt das ganze Ammerland: Im Azurit in Augustfehn gab es seit Ende Februar neun Todesfälle. 15 Bewohner mussten nach einer Covid-19-Infektion ins Krankenhau­s.

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