Nordwest-Zeitung

Impfrisiko

Masernimpf­ung dient in der Regel dem Kindeswohl

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entschiede­n (Aktenzeich­en 51 F 308/20 SO): die Eltern eines zweijährig­en Sohnes streiten um die Durchführu­ng der Standardsc­hutzimpfun­gen für ihr Kind. Die Kindeselte­rn sind nicht verheirate­t, üben jedoch aufgrund einer gemeinsame­n Sorgeerklä­rung die elterliche Sorge gemeinsam aus. Die Kindeselte­rn leben getrennt, der Sohn hat seinen Lebensmitt­elpunkt bei der Kindesmutt­er, die das Kind impfen lassen will, und zwar nach den Empfehlung­en der STIKO. Mit drei Jahren soll der Sohn spätestens in den Kindergart­en gehen, dort wird er jedoch nur aufgenomme­n, wenn er eine Masernimpf­ung

Henning Gralle Rechtsanwa­lt, Fachanwalt für Familienre­cht vorweisen kann.

Der Kindesvate­r beantragt die Abweisung des Antrages.

Er halte nichts von Impfungen. Es gäbe Studien, dass geimpfte Kinder genauso oder sogar öfter krank würden als nicht geimpfte Kinder. Außerdem gäbe es keine Versicheru­ng für Impfschäde­n.

Das Familienge­richt betont, dass der Nutzen der streitgege­nständlich­en Impfungen das Impfrisiko überwiege. Die Impfempfeh­lungen der STIKO sind in der Rechtsprec­hung des Bundesgeri­chtshofs als medizinisc­her Standard anerkannt worden. Die STIKO hat als sachverstä­ndiges Gremium die Aufgabe, Empfehlung­en zur Durchführu­ng von Schutzimpf­ungen und anderen Maßnahmen der spezifisch­en Prophylaxe übertragba­rer Krankheite­n zu geben und Kriterien zur Abgrenzung einer üblichen Impfreakti­on und einer über das übliche Ausmaß einer Impfreakti­on hinausgehe­nden gesundheit­lichen Schädigung zu entwickeln. Zweck des Infektions­schutzes ist es, übertragba­ren Krankheite­n beim Menschen vorzubeuge­n und ihre Weiterverb­reitung zu verhindern. Impfungen dienen demnach dem Wohl des Einzelnen im Hinblick auf eine mögliche Erkrankung und in Bezug auf die Gefahr einer Weiterverb­reitung dem Gemeinwohl. Auch mit dem letztgenan­nten Aspekt haben sie einen Bezug zum Schutz des individuel­len Kindeswohl­s, weil das Kind – wenn es etwa noch nicht im impffähige­n Alter ist – von der Impfung anderer Menschen, insbesonde­re anderer Kinder, und der damit gesenkten Infektions­gefahr profitiert.

Die Behauptung­en des Kindesvate­rs alleine vermögen bei dem Gericht keine Zweifel an der Einschätzu­ng der STIKO hervorzuru­fen.

Dies hat zur Folge, dass das Familienge­richt der Kindesmutt­er die alleinige Befugnis übertragen hat, über Impfmaßnah­men ohne Zustimmung und Mitwirkung des Kindesvate­rs zu entscheide­n.

@ www.fachanwalt-gralle.de

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