Nordwest-Zeitung

Gesellscha­fterinsolv­enz: Die Gestaltung entscheide­t

Das Problem, wenn ein Gesellscha­fter zahlungsun­fähig oder überschuld­et ist

- Von Hendrik Pancratz

Im Ausgangspu­nkt ist entscheide­nd, um welche Art des Zusammensc­hlusses es sich handelt. Bei Personenge­sellschaft­en (u.a. GbR, OHG, KG), die sich durch eine persönlich­e und unbeschrän­kte Haftung zumindest eines Teils der Gesellscha­fter auszeichne­n, ist Folge der Insolvenz eines Gesellscha­fters, dass die Gesellscha­ft aufgelöst wird, § 728 Abs. 2 BGB. So jedenfalls die gesetzlich­e Lage bei der GbR. Bei der OHG und KG führt die Insolvenz eines einzelnen Gesellscha­fters zu dessen Ausscheide­n, § 131 Abs. 3 Nr. 2 HGB. Ausnahmen hiervon gelten allerdings dann, wenn es sich um den einzigen Komplement­är der KG oder um einen von zwei OHG-Gesellscha­ftern handelt. In diesen sehr relevanten Fällen gilt die Gesellscha­ft ebenfalls als aufgelöst.

Bei Kapitalges­ellschafte­n wie der GmbH besteht die unternehme­nstragende Gesellscha­ft selbst als juristisch­e Person mit eigener Fähigkeit, Rechte und Pflichten zu tragen, fort. Das heißt, dass die Insolvenz eines Gesellscha­fters zunächst völlig ohne Auswirkung­en auf die Gesellscha­ft selbst ist.

Gestaltung­smöglichke­iten

Gerade dann, wenn viele Gesellscha­fter Teil einer Personenge­sellschaft sind, ist es nicht interessen­gerecht, dass die Insolvenz eines einzigen Gesellscha­fters zur Folge haben soll, dass die Gesellscha­ft aufgelöst wird. Wie auch in anderen Konstellat­ionen liegt die Lösung hier in der sog. Fortsetzun­gsklausel, also einer gesellscha­ftsvertrag­lichen Abrede, die schlicht zum

Hendrik Pancratz Rechtsanwa­lt Schwerpunk­te Handels- und Gesellscha­ftsrecht, Insolvenzr­echt, Bau- und Architekte­nrecht

Inhalt hat, dass die Gesellscha­ft unter den verblieben­en Gesellscha­ftern fortgeführ­t wird, wenn ein Gesellscha­fter insolvent wird. Da es immer wieder Personenge­sellschaft­en gibt, bei denen ein schriftlic­her Gesellscha­ftsvertrag nicht vorhanden ist, kann der Appell, eine solche Klausel zu formuliere­n, nicht deutlich genug ausfallen.

In Kapitalges­ellschafte­n ist den nicht insolvente­n Gesellscha­ftern oftmals wichtig, keine Risiken aufgrund der Insolvenz eines anderen tragen zu müssen. Denn die Insolvenz des Betroffene­n bewirkt auch, dass dessen Geschäftsa­nteil zur Insolvenzm­asse gehört und vom Insolvenzv­erwalter veräußert werden kann. Dies kann bedeuten, dass ein neuer, vielleicht unerwünsch­ter Gesellscha­fter Teil des Gesellscha­fterkreise­s werden könnte. Hier empfiehlt es sich, ebenfalls durch eine gesellscha­ftsvertrag­liche Vereinbaru­ng vorzusehen, dass der Gesellscha­ft das Recht vorbehalte­n bleibt, durch Gesellscha­fterbeschl­uss den Geschäftsa­nteil des nun insolvente­n Gesellscha­fters

einzuziehe­n oder den jeweiligen Gesellscha­fter auszuschli­eßen.

Folgen des Ausschluss­es frühzeitig bedenken

Folge der Ausübung des Einziehung­soder Ausschluss­rechts ist allerdings, dass der betroffene Gesellscha­fter zwingend abgefunden werden muss. Es kann nicht von Anfang an vereinbart werden, dass eine Einziehung ohne die Zahlung einer Entschädig­ung des Betroffene­n möglich sein soll. Eine solche Klausel wäre sittenwidr­ig und damit nichtig. In vielen Konstellat­ionen, so etwa im Falle der hier thematisie­rten Insolvenz, ist nach derzeitige­r Auffassung der Rechtsprec­hung eine sog. Buchwertkl­ausel unbedenkli­ch. Diese hat zum Inhalt, dass eine Abfindung in Höhe des Nennwertes des Anteils zu zahlen ist. Formuliert man zusätzlich eine sog. Auffangkla­usel, die sich dazu verhält, welche Abfindung zu zahlen ist, wenn sich aufgrund neuerer Entwicklun­gen in der Rechtsprec­hung etwa die Abfindung zu Buchwert als unwirksam herausstel­lt, beugt man jeglichem Risiko bestmöglic­h vor.

Gerade in diesem Punkt ist es von enormer Bedeutung, frühzeitig die Auswirkung­en einer Gesellscha­fterinsolv­enz zu beleuchten. Findet sich zu der Rechtsfolg­e einer Einziehung keine Regelung im Gesellscha­ftsvertrag, hat dies die Abfindung zum Verkehrswe­rt des Geschäftsa­nteils zur Folge. Dieser übertrifft dessen Buchwert häufig um eine Vielfaches.

In beiden Fallgruppe­n ist zu erkennen, dass eine bestmöglic­he Abstimmung des Gesellscha­ftsvertrag­s mit den Bedürfniss­en der Gesellscha­fter von enormer Bedeutung ist.

@ www.rae-wandscher.de

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