Nordwest-Zeitung

Abgasskand­al erreicht Wohnmobilb­ranche

Fiat und Iveco stehen im Fokus der Staatsanwa­ltschaft – Verdacht des gewerbsmäß­igen Betrugs

- Von Dr. Sebastian Sonnenberg

Der Abgasskand­al beschäftig­t seit mehr als fünf Jahren die Gerichte. Bislang standen vor allem Fahrzeuge der Hersteller Volkswagen, Seat, Skoda, Audi, Porsche und Mercedes im Mittelpunk­t. Nunmehr geraten nach jahrelange­n Gerüchten verstärkt auch diverse Wohnmobile und Fahrzeuge von Fiat und Iveco in den Fokus.

In Deutschlan­d sind voraussich­tlich mehr als 200.000 Wohnmobile und Fahrzeuge von Fiat und Iveco von Abgasmanip­ulationen betroffen. Es haben bereits Durchsuchu­ngen in mehreren Ländern stattgefun­den. Die Staatsanwa­ltschaft Frankfurt am Main ermittelt derzeit wegen des Verdachts des gewerbsmäß­igen Betruges gegen mehrere Verantwort­liche der Auto Konzerne Fiat Chrysler Automobile­s

Dr. Sebastian Sonnenberg Rechtsanwa­lt, Fachanwalt für Erbrecht und für Versicheru­ngsrecht

N.V., Case New Holland Industrial N.V. u Iveco Magirus AG. Polizei und Staatsanwa­ltschaft Frankfurt am Main haben Neuwagenkä­ufer und Tageszulas­sungskäufe­r der Marken Fiat, Jeep, Alfa Romeo und Iveco aufgeforde­rt, sich als Zeugen zu melden.

In Verdacht stehen Motoren der Baujahre 2014 bis 2019. Betroffen sein sollen sowohl Fahrzeuge mit der Euro-Norm 5 als auch mit der Euro-Norm 6. Die Staatsanwa­ltschaft Frankfurt ermittelt insbesonde­re wegen folgender Motoren: 1,3 Liter Multijet, 1,3 Liter 16V Multijet, 1,6 Liter Multijet, 1,6 Liter, 2,0 Liter Multijet, 2,0 Liter, 2,2 Liter Multijet II, 2,3 Liter, 2,3 Liter Multijet, 3,0 Liter.

Insbesonde­re das Fahrzeug Fiat Ducato, das als Basisfahrz­eug von Wohnmobile­n diverser Wohnmobilh­ersteller dient, ist Gegenstand der Untersuchu­ngen. Es besteht der Verdacht, dass unzulässig­e Abschaltei­nrichtunge­n im Emissionss­ystem betroffene­r Dieselfahr­zeuge installier­t wurden. Die Abschaltei­nrichtunge­n

sollen dafür sorgen, dass die Grenzwerte für den Stickstoff­dioxidauss­toß nur auf dem Prüfstand eingehalte­n werden. Im normalen Betrieb des Fahrzeuges auf der Straße hingegen soll die Abgasreini­gung weitgehend abgeschalt­et werden. Eine derartige Abschaltei­nrichtung war schon VW zum Verhängnis geworden und führte zu erhebliche­n Bußgeldern und einer Verurteilu­ng durch den Bundesgeri­chtshof.

Fahrverbot­e oder Stilllegun­gen drohen

Die Staatsanwa­ltschaft Frankfurt weist darauf hin, dass Fahrzeuge mit einer derartigen Abschaltei­nrichtung auf dem gemeinsame­n Markt nicht genehmigun­gsfähig seien, weswegen Kunden Fahrverbot­e oder Stilllegun­gen drohen.

Die Deutsche Umwelthilf­e hat bereits zwei Wohnmobile auf Basis des Fahrzeugs Fiat Ducato begutachte­t. Bei den Untersuchu­ngen wurden bis zu 10-fache Überschrei­tungen des Euro 5 Grenzwerte­s für NOx im realen Straßenbet­rieb bei zwei Wohnmobile­n gemessen. Bei den untersucht­en Wohnmobile­n handelt es sich um einen Fiat Ducato 150 Multijet, Pilote G700G mit Erstzulass­ung Mai 2016, zugelassen nach Euro 5 sowie einen Fiat Ducato 150 Multijet, Dethleffs T7150 mit Erstzulass­ung Mai 2015, ebenfalls zugelassen nach Euro 5.

Die Anschaffun­gskosten für ein Wohnmobil liegen schnell bei 50.000,00 € oder mehr. Der Abgasskand­al bei VW hat aufgezeigt, dass Fahrverbot­e und Stilllegun­gen drohen, insbesonde­re aber auch der Wiederverk­aufswert der Fahrzeuge erheblich beeinträch­tigt werden kann. Den Eigentümer­n tausender Wohnmobile drohen nun neben Fahrverbot­en und Stilllegun­gen der Fahrzeuge massive Wertverlus­te der Fahrzeuge.

Bei entspreche­ndem Nachweis vorsätzlic­her und sittenwidr­iger Abgasmanip­ulationen steht den Betroffene­n Schadenser­satz gegenüber den Hersteller­n zu. Je nach Einzelfall kommen auch Ansprüche gegenüber den Verkäufern der Wohnmobile in Betracht. Den Verkäufern kann zwar in aller Regel nicht der Vorwurf einer Täuschung gemacht werden, allerdings kommen vertragsre­chtliche Ansprüche in Betracht, da der Bundesgeri­chtshof das Vorliegen einer illegalen Abschaltei­nrichtung als Sachmangel bewertet.

@ www.hillmann-partner.de

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