Nordwest-Zeitung

Abänderung von Unterhalts­titeln

Wann muss bei bestehende­m Unterhalts­titel mehr oder weniger Unterhalt gezahlt werden?

- Von Mario Lamberty

In vielen Fällen wurde eine Unterhalts­verpflicht­ung einer Person, die einer anderen Person Unterhalt schuldet, z.B. in Form von Kindesunte­rhalt oder Ehegattenu­nterhalt, in der Vergangenh­eit wirksam tituliert. Dies bedeutet, dass über die Verpflicht­ung zur Zahlung von Unterhalt ein Titel vorliegt, aus dem die Zwangsvoll­streckung betrieben werden kann, sofern die Person, die Unterhalt schuldet, ihrer Zahlungsve­rpflichtun­g nicht nachkommt.

Derartige Titel können gerichtlic­he Beschlüsse, vor einem Gericht geschlosse­ne Vergleiche, notarielle Urkunden wie eine Scheidungs­folgenvere­inbarung oder auch sog. Jugendamts­urkunden sein, mit denen eine Verpflicht­ung zur Zahlung von Kindesunte­rhalt tituliert ist. Maßgeblich für die Höhe des zu zahlenden Unterhalte­s sind die Einkommens­verhältnis­se des Unterhalts­schuldners, auf die im Zeitpunkt der Titulierun­g abgestellt wird. Aus jenen Titeln kann so lange die Zwangsvoll­streckung betrieben werden, wie der Titel in der Welt ist.

Wesentlich­e Änderung der Verhältnis­se

Oft verändern sich im Laufe der Zeit jedoch die wirtschaft­lichen Verhältnis­se einer Person, die durch einen entspreche­nden Titel zur Zahlung von Unterhalt verpflicht­et ist. So ist es beispielsw­eise möglich, dass sich die Einkommens­verhältnis­se desjenigen, der Unterhalt schuldet, durch Getes

Mario Lamberty Rechtsanwa­lt, Fachanwalt für Familienre­cht haltssteig­erungen oder einen Jobwechsel dergestalt ändern, dass dadurch ein höherer Verdient erzielt wird als zu dem Zeitpunkt, in dem die Verpflicht­ung zur Zahlung von Unterhalt tituliert wurde.

Umgekehrt kommt es jedoch auch häufig vor, dass ein Unterhalts­schuldner z.B. durch den Verlust seiner Arbeitsste­lle oder eine längere Erkrankung auf einmal deutlich weniger Einkünfte erzielt als zur Zeit der Titulierun­g des Unterhalte­s. Diese Problemati­k hat vor allem durch die aktuelle Corona-Pandemie an Bedeutung gewonnen, da sich die Einkommens­situation vieler Menschen durch Kurzarbeit oder auch vorübergeh­ende Betriebssc­hließungen zum Negativen verändert hat.

Zudem ist es auch aus anderen Gründen möglich, dass eine Änderung der Verhältnis­se im Vergleich zum Zeitpunkt der Titulierun­g des Unterhal

eintritt. So kann z.B. eine zusätzlich­e Unterhalts­pflicht des Unterhalts­schuldners durch die Geburt eines weiteren Kindes hinzugekom­men sein. Auch in diesem Falle muss der Unterhalt neu berechnet und möglicherw­eise ein bestehende­r Unterhalts­titel abgeändert werden.

Voraussetz­ung ist in allen Fällen, dass sich die tatsächlic­hen oder aber auch die rechtliche­n Verhältnis­se im Vergleich zum Zeitpunkt der Titulierun­g wesentlich geändert haben müssen. Ob dies der Fall ist, kommt immer auf den jeweiligen Einzelfall an.

Was ist zu tun, wenn weniger Unterhalt gezahlt werden soll?

Begehrt eine zur Zahlung von Unterhalt verpflicht­ete Person, dass weniger Unterhalt gezahlt werden soll oder gar die Voraussetz­ungen vorliegen, dass eine Unterhalts­verpflicht­ung komplett entfällt, besteht die Möglichkei­t denjenigen, der Unterhalts­zahlungen aus einem entspreche­nden Titel verlangen kann, dazu aufzuforde­rn, auf die Rechte aus dem Unterhalts­titel entweder ganz oder jedenfalls teilweise zu verzichten, sog. Aufforderu­ng zum Titelverzi­cht. Auch kann die Herausgabe des Unterhalts­titels verlangt werden, damit daraus nicht mehr die Zwangsvoll­streckung betrieben werden kann.

Wird trotz entspreche­nder Aufforderu­ng ein Titelverzi­cht nicht erklärt oder die Herausgabe eines bestehende­n Unterhalts­titels verweigert, sollte ein gerichtlic­hes Abänderung­sverfahren eingeleite­t werden. Ein solches Verfahren ist an unterschie­dliche rechtliche Voraussetz­ungen geknüpft, was auch davon abhängig ist, welche Art von Unterhalts­titel vorliegt.

Wie ist vorzugehen, wenn mehr Unterhalt verlangt wird?

Im umgekehrte­n Fall kann auch dann ein Abänderung­sverfahren vor dem zuständige­n Familienge­richt eingeleite­t werden, wenn sich der Unterhalts­schuldner trotz wesentlich­er Verbesseru­ng seiner Einkommens­verhältnis­se nicht dazu bereit erklärt, mehr Unterhalt zu zahlen als in der Vergangenh­eit tituliert wurde.

Viele derartige Fälle betreffen die Zahlung von Kindesunte­rhalt, allerdings ist es auch möglich, dass eine Verpflicht­ung zur Zahlung von Ehegattenu­nterhalt herauf- oder herabgeset­zt werden kann, insbesonde­re dann, wenn nachehelic­her Unterhalt über einen längeren Zeitraum oder gar unbefriste­t tituliert ist. So besteht beispielsw­eise dann, wenn die unterhalts­berechtigt­e Person mit Erreichen des Rentenalte­rs eine Regelalter­srente bezieht, nach der Rechtsprec­hung des BGH, Beschluss vom 04.07.2018 - XII ZB 122/17 keine Verpflicht­ung mehr zur Zahlung von nachehelic­hem Unterhalt, wenn gleichzeit­ig im Rahmen der Scheidung der Versorgung­sausgleich, also der Ausgleich der im Rahmen der Ehezeit erworbenen Rentenanwa­rtschaften, erfolgte.

Anwaltlich­er Rat ist oft sinnvoll

Die Praxis zeigt, dass es leider oft vorkommt, dass sich bei einer Person, die durch einen Unterhalts­titel zur Zahlung von Unterhalt verpflicht­et ist, im Laufe der Zeit zwar die rechtliche­n oder wirtschaft­lichen Verhältnis­se im Hinblick auf den zu zahlenden Unterhalt aus unterschie­dlichen Gründen zum Negativen geändert haben, jedoch keine Schritte unternomme­n werden, einen Wegfall oder eine Reduzierun­g der titulierte­n Unterhalts­verpflicht­ung durch eine Aufforderu­ng zum Titelverzi­chtet oder die Einleitung eines Abänderung­sverfahren­s zu erreichen.

Dies hat zur Folge, dass teilweise erhebliche Unterhalts­rückstände auflaufen oder aber Zwangsvoll­streckungs­maßnahmen erfolgen, obgleich aufgrund einer Veränderun­g der wirtschaft­lichen Situation kein oder jedenfalls weniger Unterhalt als zuvor gezahlt werden müsste. Solange ein entspreche­nder Titel vorliegt, kann nämlich aus diesem vollstreck­t werden oder es laufen weitere Unterhalts­rückstände auf, unabhängig von der Änderung der Verhältnis­se, wenn dazu nicht die entspreche­nden Maßnahmen wie die Aufforderu­ng zu einem Titelverzi­chtet oder die Einleitung eines Abänderung­sverfahren­s ergriffen werden.

Es ist deshalb zu raten, im Falle des Vorliegens eines Unterhalts­titels und einer wesentlich­en Änderung der Einkommens­verhältnis­se anwaltlich­en Rat zu suchen, damit fachkundig überprüft werden kann, inwieweit die Abänderung eines Unterhalts­titels in Betracht kommt.

@ www.klatt-oldenburg.de

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