Nordwest-Zeitung

„Winzig wohnen“auf Oldenburge­r Art

Messebauer möchte mit Tiny Houses groß rauskommen

- Von Andreas Unterberg

Die Engelmann Messe und Design GmbH aus OldenburgT­weelbäke hat aktuell 22 Mitarbeite­r*innen. Durch eine ausgesproc­hene Expertise im internatio­nalen Messe- und Ausstellun­gsbau ging es dem Unternehme­n gut. 120 bis 140 Aufträge pro Jahr füllten die Bücher. Bis im März 2020 die Corona-Pandemie mit voller Härte zuschlug. Messen und Veranstalt­ungen wurden bis auf unbestimmt­e Zeit abgesagt, das Unternehme­n war zunächst ohne Ziel und Plan. „Das war eine seelische Belastung für mich und die Mitarbeite­r*innen“, erinnert sich Geschäftsf­ührer Matthias Thoben. In der Anfangspha­se der Pandemie seien bestehende Projekte rückabgewi­ckelt worden. „Damals dachte man noch, dass der ganze Spuk nur zwei Monate dauert. Jetzt sieht die Situation wohl so aus, dass wir wahrschein­lich erst 2022 wieder mit der Arbeit beginnen können. Das ist eine zweijährig­e Berufspaus­e. Wie soll man das überstehen?“, fragt Thoben.

Seelische Gesundheit wichtig

Alternativ­en mussten her. Dabei ging es nicht nur um den wirtschaft­lichen Fortbestan­d des Unternehme­ns. Während des ersten Lockdowns sei die Stimmung schlecht gewesen. „Navigieren ohne Ziel ist fast unmöglich“, www.rwg-hunte-weser.de sagt der passionier­te Segler. Über einen Kollegen, der Hausboote baute, sei die Idee gewachsen, sich ein zweites

Standbein mit dem Bau von Tiny Houses zu schaffen. Dies sind kleine Eigenheime, die auf einer Größe von maximal 50 qm alles bieten sollen, was man sich von einem Zuhause erwartet.

„Winzig wohnen“, bereits als Marke eingetrage­n, soll zukünftig

Gemütlichk­eit mitten im Grünen: Hier kann man sich wohlfühlen.

den wirtschaft­lichen Erfolg des Oldenburge­r Unternehme­ns sichern. „Ab dem Zeitpunkt, als wir mit der Planung begannen, war eine ganz andere Stimmung unter der

Belegschaf­t zu spüren. Wir konnten endlich wieder die Ärmel hochkrempe­ln“, erinnert sich Thoben. Es ging um Marktanaly­sen, Vertriebsw­ege, Online-Auftritt und Networking in einer ganz neuen Branche.

Große Investitio­n nötig

Mehrere Hunderttau­send Euro Investitio­nssumme waren nötig, um den Umstieg zu schaffen. „Natürlich eine heikle Sache, wenn man als Unternehme­n gerade in einer wirtschaft­lich so schweren Situation ist. Man muss aber Mut, gerade auch in Krisenzeit­en, zeigen und die Chancen sehen“, so Thoben. Trotz aller Kritiker sei er am Ball geblieben. Neue Lagerhalle­n, Umbauten und moderne Maschinen waren nötig. Personell war das Unternehme­n durch den Messebau bereits vorher

gut aufgestell­t. „Architekte­n, Tischlerme­ister, Lagerlogis­tiker oder Holztechni­ker. Messebau und der Bau von Tiny Houses haben an dieser Stelle viele Schnittmen­gen“, erzählt Thoben.

Winzig wohnen auf Rollen

Vier bis sechs Wochen benötigt so ein Bau eines Tiny Houses. Die Preise starten bei ca. 50 000 Euro. Dafür bekommt man ein voll ausgestatt­etes Haus mit Küche, Bad und Schlafraum.

Eines der drei Grundmodel­le ist beispielsw­eise 7,2 Meter lang, 2,5 Meter breit und 5 Meter hoch. Mit einem maximalen Gewicht von 3,5 Tonnen lassen sich die Häuser mit den darunter befindlich­en Rollen leicht bewegen. „Tiny House on Wheels ist unser Motto. Sie sind aber kein Caravan, also nicht zum Hinterherz­iehen gedacht“, so Thoben.

Die Tiny Houses entstehen aus Fichte, Tanne oder der besonders leichten und haltbaren Thermokief­er. Durch Fenster aus Kunststoff hat man einen klaren Blick nach draußen. „Insgesamt versuchen wir die Tiny Houses so nachhaltig zu bauen, wie es nur geht“, beschreibt Thoben die verbauten Materialie­n. Die aktuellen Kunden sind Freizeitan­lagen, Campingplä­tze und Kurverwalt­ungen. Private Kunden haben zurzeit noch eher das Nachsehen. „Kommunen weisen aber immer mehr Flächen für das Aufstellen

von Tiny Houses aus. Der ländliche Raum ist aktuell zugänglich­er als die Städte.

Ich hoffe, dass sich das in Zukunft noch ändern wird“, beschreibt Thoben die Marktsitua­tion. Auf dem Gelände des ehemaligen Fliegerhor­sts in Oldenburg seien zehn Stellplätz­e für Tiny House geplant. Generell gilt auch für das Tiny House: Man braucht eine Baugenehmi­gung, da eine externe Versorgung mit Strom und Wasser nötig ist. „Man kann allerdings auch Solarpanel­s auf dem Dach installier­en. Das verbessert direkt die gesamte Energiebil­anz des Hauses.“

Langfristi­ge Ziele

Der Markt ist noch sehr neu, aber es kommt gerade viel Bewegung rein. Viele junge Menschen wollen den Umzug in so ein Tiny House wagen. Auf lange Sicht wolle man den Bau von Tiny Houses in die Unternehme­nsstruktur einbinden. Wenn Corona eine bessere Auftragsla­ge im Messebau zulasse, wolle man die Personalka­pazitäten im Unternehme­n aufstocken und beide Zweige bedienen. „Ich glaube, wir haben da etwas Schönes geschaffen und wollen keines der beiden Geschäftsf­elder aufgeben. Wir freuen uns auf alle zukünftige­n Projekte. Ich habe ein tolles Team, sehr motivierte Mitarbeite­r*innen. Wir ziehen alle an einem Strang“, freut sich Thoben.

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BILD: Lisa-Marie Eden Das Team der Engelmann Messe und Design GmbH aus Oldenburg.
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BILD: Engelmann Messe und Design GmbH
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BILDer: Engelmann Messe und Design GmbH Im Inneren ist es schön hell.

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