„Winzig wohnen“auf Oldenburger Art
Messebauer möchte mit Tiny Houses groß rauskommen
Die Engelmann Messe und Design GmbH aus OldenburgTweelbäke hat aktuell 22 Mitarbeiter*innen. Durch eine ausgesprochene Expertise im internationalen Messe- und Ausstellungsbau ging es dem Unternehmen gut. 120 bis 140 Aufträge pro Jahr füllten die Bücher. Bis im März 2020 die Corona-Pandemie mit voller Härte zuschlug. Messen und Veranstaltungen wurden bis auf unbestimmte Zeit abgesagt, das Unternehmen war zunächst ohne Ziel und Plan. „Das war eine seelische Belastung für mich und die Mitarbeiter*innen“, erinnert sich Geschäftsführer Matthias Thoben. In der Anfangsphase der Pandemie seien bestehende Projekte rückabgewickelt worden. „Damals dachte man noch, dass der ganze Spuk nur zwei Monate dauert. Jetzt sieht die Situation wohl so aus, dass wir wahrscheinlich erst 2022 wieder mit der Arbeit beginnen können. Das ist eine zweijährige Berufspause. Wie soll man das überstehen?“, fragt Thoben.
Seelische Gesundheit wichtig
Alternativen mussten her. Dabei ging es nicht nur um den wirtschaftlichen Fortbestand des Unternehmens. Während des ersten Lockdowns sei die Stimmung schlecht gewesen. „Navigieren ohne Ziel ist fast unmöglich“, www.rwg-hunte-weser.de sagt der passionierte Segler. Über einen Kollegen, der Hausboote baute, sei die Idee gewachsen, sich ein zweites
Standbein mit dem Bau von Tiny Houses zu schaffen. Dies sind kleine Eigenheime, die auf einer Größe von maximal 50 qm alles bieten sollen, was man sich von einem Zuhause erwartet.
„Winzig wohnen“, bereits als Marke eingetragen, soll zukünftig
Gemütlichkeit mitten im Grünen: Hier kann man sich wohlfühlen.
den wirtschaftlichen Erfolg des Oldenburger Unternehmens sichern. „Ab dem Zeitpunkt, als wir mit der Planung begannen, war eine ganz andere Stimmung unter der
Belegschaft zu spüren. Wir konnten endlich wieder die Ärmel hochkrempeln“, erinnert sich Thoben. Es ging um Marktanalysen, Vertriebswege, Online-Auftritt und Networking in einer ganz neuen Branche.
Große Investition nötig
Mehrere Hunderttausend Euro Investitionssumme waren nötig, um den Umstieg zu schaffen. „Natürlich eine heikle Sache, wenn man als Unternehmen gerade in einer wirtschaftlich so schweren Situation ist. Man muss aber Mut, gerade auch in Krisenzeiten, zeigen und die Chancen sehen“, so Thoben. Trotz aller Kritiker sei er am Ball geblieben. Neue Lagerhallen, Umbauten und moderne Maschinen waren nötig. Personell war das Unternehmen durch den Messebau bereits vorher
gut aufgestellt. „Architekten, Tischlermeister, Lagerlogistiker oder Holztechniker. Messebau und der Bau von Tiny Houses haben an dieser Stelle viele Schnittmengen“, erzählt Thoben.
Winzig wohnen auf Rollen
Vier bis sechs Wochen benötigt so ein Bau eines Tiny Houses. Die Preise starten bei ca. 50 000 Euro. Dafür bekommt man ein voll ausgestattetes Haus mit Küche, Bad und Schlafraum.
Eines der drei Grundmodelle ist beispielsweise 7,2 Meter lang, 2,5 Meter breit und 5 Meter hoch. Mit einem maximalen Gewicht von 3,5 Tonnen lassen sich die Häuser mit den darunter befindlichen Rollen leicht bewegen. „Tiny House on Wheels ist unser Motto. Sie sind aber kein Caravan, also nicht zum Hinterherziehen gedacht“, so Thoben.
Die Tiny Houses entstehen aus Fichte, Tanne oder der besonders leichten und haltbaren Thermokiefer. Durch Fenster aus Kunststoff hat man einen klaren Blick nach draußen. „Insgesamt versuchen wir die Tiny Houses so nachhaltig zu bauen, wie es nur geht“, beschreibt Thoben die verbauten Materialien. Die aktuellen Kunden sind Freizeitanlagen, Campingplätze und Kurverwaltungen. Private Kunden haben zurzeit noch eher das Nachsehen. „Kommunen weisen aber immer mehr Flächen für das Aufstellen
von Tiny Houses aus. Der ländliche Raum ist aktuell zugänglicher als die Städte.
Ich hoffe, dass sich das in Zukunft noch ändern wird“, beschreibt Thoben die Marktsituation. Auf dem Gelände des ehemaligen Fliegerhorsts in Oldenburg seien zehn Stellplätze für Tiny House geplant. Generell gilt auch für das Tiny House: Man braucht eine Baugenehmigung, da eine externe Versorgung mit Strom und Wasser nötig ist. „Man kann allerdings auch Solarpanels auf dem Dach installieren. Das verbessert direkt die gesamte Energiebilanz des Hauses.“
Langfristige Ziele
Der Markt ist noch sehr neu, aber es kommt gerade viel Bewegung rein. Viele junge Menschen wollen den Umzug in so ein Tiny House wagen. Auf lange Sicht wolle man den Bau von Tiny Houses in die Unternehmensstruktur einbinden. Wenn Corona eine bessere Auftragslage im Messebau zulasse, wolle man die Personalkapazitäten im Unternehmen aufstocken und beide Zweige bedienen. „Ich glaube, wir haben da etwas Schönes geschaffen und wollen keines der beiden Geschäftsfelder aufgeben. Wir freuen uns auf alle zukünftigen Projekte. Ich habe ein tolles Team, sehr motivierte Mitarbeiter*innen. Wir ziehen alle an einem Strang“, freut sich Thoben.